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Aus: Ausgabe vom 08.06.2024, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage

Oben alles frisch

Von Arnold Schölzel
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Im Deutschlandfunk-»Kalenderblatt« erinnert Journalistin Monika Dittrich am Freitag daran, dass der Anthroposoph Rudolf Steiner am 7. Juni vor 100 Jahren die biologisch-dynamische Landwirtschaft begründete. Er warb damals u. a. für »Hornkiesel zur Belebung des Bodens. Dazu wird Bergkristall zermahlen, in ein Kuhhorn gefüllt und zunächst vergraben, der Inhalt dann mit Wasser rhythmisch verrührt und über dem Land versprüht.« Laut Dittrich bietet das von Steiner begründete »Demeter-Universum« heute 16.000 Produkte an, das Geschäft blüht, zumal die Kuhhorngemeinde mit Bündnis 90/Die Grünen eine eigene Regierungspartei hat. Wer kosmisch denkt, hat keine Probleme mit Kleinigkeiten wie Krieg.

Auch anderswo geht es in den Oberstübchen des Fach- und Führungspersonals übersinnlich zu, zum Beispiel bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Deren Chefin Christine Lagarde hatte vor einigen Monaten angekündigt, man werde der »Inflation das Genick brechen« und nicht locker lassen, bis das Zweiprozentziel erreicht sei. Im Mai stieg nun die Inflation gegenüber April im Euro-Raum von 2,4 Prozente auf 2,6 Prozent, was die EZB am Donnerstag mit der ersten Zinssenkung sei 2019 beantwortete, also die Inflation fördert. Nachfrage an Lagarde in der Pressekonferenz am Donnerstag: Sei das nicht der falsche Zeitpunkt? Das konnte die Französin verneinen: In ihren »schlaflosen Nächten« sei da »eine kleine Stimme«, die ihr zuflüstere: »Mach weiter, mach weiter.« Das reicht für eine EZB-Entscheidung.

Um intellektuelle Kapazitäten geht es auch in Berlin. Dort soll die Präsidentin der Technischen Universität gehen. Nicht weil sie exzessiv in »Social Media« herumdaddelte, was für ein Armutszeugnis genügen sollte, sondern weil sie bei einem der Bilderchen, die sie für gut befand, ein Hakenkreuz übersehen habe – oder so ähnlich. Gegen die Konzerne, die Nazidreck mit höchstem Profit weltweit verbreiten, hat keiner was. Also sagte die Präsidentin am Donnerstag: »Ich trete nicht zurück.« Sie bleibt im Milljöh.

Zu dem gehört als Spitzenbetriebs­nudel Stefan Aust. Der Welt-Herausgeber und frühere Spiegel-Chefredakteur veröffentlichte in der Welt am Donnerstag einen PR-Artikel für einen Farbfilm über den 6. Juni 1944, den D-Day. Schlagzeile: »Der Tag, der den Krieg entschied.« Die Landung in der Normandie fand zwar erst statt, als die Rote Armee der Wehrmacht und SS das Rückgrat gebrochen hatte und sich auf dem Weg nach Mitteleuropa befand, aber hat es die Rote Armee überhaupt gegeben? An der Unterelbe, wo der kleine Aust (Jahrgang 1946) zur Schule ging, bestehen da Zweifel bis heute. Wie im ganzen westdeutschen Adenauer-Ländchen gilt: Die Russen haben uns nie besiegt. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Weil nur USA, Großbritannien und Frankreich Hitler beseitigt haben und die Sowjets, also Russen, sich die Kapitulation am 8. Mai 1945 in Berlin erschlichen haben. Sagen schließlich auch die ukrainischen Botschafter, sagte deren Chef soeben in Frankreich: Die Ukrainer setzen den 6. Juni 1944 unentwegt im Kampf gegen Russland fort. Es sei denn, das nächste Bandera-Denkmal muss aufgestellt werden.

Damit verbundene Kriegspausen sind aber nicht schlimm, denn der Russe ist längst besiegt. Am Freitag teilte ihm das »einer der führenden Außenpolitiker Europas« (Die Welt) namens Paweł Kowal, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des polnischen Parlaments, in Austs Blatt mit: »Ich bin davon überzeugt, dass Russland zerfallen wird.« Wenn Kowal irgendwo in Warschau zermahlenen Bergkristall in ein Kuhhorn füllt und vergräbt, wird das beim nächsten Mondrhythmus so sein. Das Führungspersonal ist in Hochform.

Der Russe ist längst besiegt. Am Freitag teilte ihm das »einer der führenden Außenpolitiker Europas« (Die Welt) namens Paweł Kowal, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des polnischen Parlaments, in Austs Blatt mit: »Ich bin davon überzeugt, dass Russland zerfallen wird.«

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