Brüsseler Waffeln
Von Maxi WunderEs ist wieder soweit: Die alljährliche Hochwassersaison ist angebrochen, und alle sind eingeladen, am größten und nassesten Spektakel des Jahres teilzunehmen. Schließlich gibt es nichts Schöneres, als wenn die Natur uns einen kräftigen Arschtritt verpasst, um uns daran zu erinnern, dass sie immer noch das Sagen hat.
In der Hinsicht übertreffen wir alle bisherigen Rekorde – es handelt sich um das zweite »Jahrhunderthochwasser« in diesem Jahrzehnt. Während sich die Flutwellen durch süddeutsche Wohnviertel wälzen, darf man eines nicht vergessen: Es ist nicht nur Wasser, es ist flüssiger Klimawandel in seiner reinsten Form. Und eine unübertreffliche Chance, die eigene Widerstandskraft gegen katastrophale Zustände zu testen und seine Schwimmkompetenz zu verbessern.
Auf Naturkatastrophen folgt die medial bejubelte Nachbarschaftshilfe. »Ach, diese Hilfsbereitschaft!« Der Kanzler spricht wie üblich von »Solidarität«. Die steigenden Wasserpegel bieten eine günstige Gelegenheit, den Nachbarn näher kennenzulernen, während man gemeinsam versucht, Hab und Gut zu retten. Nichts schweißt mehr zusammen als die verzweifelte Suche nach Sandsäcken, der Austausch von Tipps zur improvisierten Bootsbaukunst und das Hoffen auf »Soforthilfen«.
Teure Urlaubsreisen erübrigen sich. Landschaftsveränderungen vollziehen sich direkt vor der Haustür: Majestätische Stromschnellen bahnen sich ihre Wege durch Einkaufsstraßen, Parkplätze werden zu Seen, Ladengeschäfte zu Pools. Der Konsum fällt also ins Wasser, sobald es anhaltend regnet. Was ist eigentlich los mit dem Kapitalismus, dass er sich von »unwetterartigen Gewittern« den Garaus machen lässt?
Nichts, er kriegt es hin, wie immer: Versicherungsbranche und Baumärkte florieren. Während die einen an einer Pflichtversicherung für Elementarschäden tüfteln, freuen sich die anderen über den Ansturm auf Pumpen, Trockengeräte und Ersatzmöbel. Mit wasserdichten Smartphones lassen sich witzige Selfies vom neuen »Wasserbett« posten, und Haustieren werden kleine Schwimmflügel angelegt, damit auch sie durch die Fluten paddeln können. Süß, ne?
Traurig ist nur, dass in einem zivilisierten Land des 21. Jahrhunderts Menschen infolge unwetterartiger Gewitter sterben. »Todesursache: Regen« steht dann auf dem Totenschein, Angehörige fühlen sich verarscht. Die Regierung gibt Tipps zur Prävention: Zukünftig soll sich jeder Bürger neben das E-Auto ein aufgepumptes Schlauchboot in die Garage stellen. Das kann er später bei der Flucht übers Mittelmeer nach Nordafrika weiterverwenden, wenn sich die Kriege nach Westeuropa ausweiten wie geplant.
Aber zunächst dürfen wir überbezahlte Kapitaldiener in die Brüsseler Schwatzbude wählen, die daran nichts ändern werden. Am 9. April backen wir ihnen zu Ehren
Brüsseler Waffeln ohne Kirschen
125 g Butter und 125 g Zucker schaumig rühren. Drei Eier einzeln hinzufügen. Ein Päckchen Vanillezucker, den Abrieb einer Biozitrone und 200 ml Milch unterrühren. 250 g Mehl mit einem TL Backpulver mischen und unterheben. 100 g Marzipan einarbeiten. Teig im vorgeheizten Waffeleisen goldbraun backen.
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