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Aus: Ausgabe vom 11.06.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Existenz von Berliner Musikschulen gefährdet

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Zugang zur kulturellen Teilhabe zu ermöglichen gehört zu den Aufgaben eines Staates

Honorarkräfte an Berliner Musikschulen fürchten um ihre Existenzgrundlage. Zu ihrer Situation hat Elisabeth Fischer-Sgard, Lehrervertreterin an der Musikschule Friedrichshain-Kreuzberg, einen offenen Brief an Kultursenator Joe Chialo (CDU) verfasst:

(…) Die musikalische Bildung an den Bezirksmusikschulen ist gefährdet. Investieren Sie in die kulturelle Bildung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt für die Zukunft: Wandeln Sie alle Honorarverträge an den Bezirksmusikschulen in Festanstellungen um ohne erneute Bewerberverfahren. Nachdem sich die Rechtsprechung nach dem Herrenberg-Urteil (BSG 22.6.2022) grundlegend geändert hat, ist eine Beschäftigung als Honorarkraft quasi nicht mehr möglich. Zahlreiche Bundesländer haben darauf reagiert und Honorarverträge in feste Stellen umgewandelt, Berlin noch nicht! In den letzten Jahrzehnten hat Berlin sehr viel Geld durch die nun illegal gewordene Beschäftigung von Honorarkräften gespart. Aktuell werden 77 Prozent des Unterrichts von Honorarkräften geleistet. Die Anstellung aller 2.000 Honorarkräften würde ca. 16 Millionen Euro pro Jahr kosten, das sind nur 0,0357 Prozent des Berliner Haushaltes! Das wäre eine lohnende Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft, in unsere Kulturhauptstadt! Eine Umwandlung in feste Stellen ist möglich, wenn ein Rechtsanspruch besteht, was nach dem Herrenberg-Urteil und dem Urteil vom BGH 1 StR 188/22 vom 8.3.2023 meines Erachtens der Fall ist. Nach dem Gleichheitsgrundsatz (Art.3 GG) müssen Sie allen Honorarkräften eine Festanstellung anbieten!

Denn wir Honorarkräfte leisten die gleiche Tätigkeit wie die festangestellten Kolleg*innen. Nun droht 2.000 Lehrenden ab 1. August die Arbeitslosigkeit sowie etwa 50.000 Musikschulschüler*innen das Ende ihrer Instrumental-/Gesangsausbildung an der Musikschule. Die Versorgung mit Musikunterricht in Berlin liegt weit unter dem Durchschnitt der Bundesrepublik. An der Musikschule Friedrichshain-Kreuzberg besteht z. Z. eine Warteliste von 3.000 potentiellen Schüler*innen. In ganz Berlin sind es über 20.000 Anmeldungen! Alle Menschen haben kulturelle Rechte. Dazu gehört auch das Recht auf Bildung. Der Staat hat damit die Aufgabe, allen Bürgern den Zugang zur kulturellen Teilhabe zu ermöglichen. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist es, für alle Bevölkerungsschichten bezahlbare Angebote bereitzuhalten. Daher ist es so wichtig, die Ausbildung an den Musikschulen im gleichen Umfang wie bisher beizubehalten oder noch auszubauen. Das angestrebte Ziel von zwölf Unterrichtsstunden pro Woche pro 1.000 Einwohner ist bei weitem noch nicht erreicht. (…)

Sehr geehrter Herr Senator Chialo, als Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt investieren Sie in die Zukunft unserer Gesellschaft. Wandeln Sie sofort alle Honorarverträge in Festanstellungen um. Erkennen Sie unsere Erfahrung an. Sichern Sie die Versorgung mit Musikunterricht an den Bezirksmusikschulen. Erhalten und fördern Sie damit nachhaltig die kulturelle Landschaft Berlins und in Deutschland. Halten Sie sich an die Versprechungen des Koalitionsvertrags. Beenden Sie die prekären Arbeitsverhältnisse an den Musikschulen. (…)

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  • Leserbrief von Peter Groß aus Bodenseekreis (11. Juni 2024 um 14:38 Uhr)
    Das ist Katzenmusik in den Ohren der Statthalter. Honorarkräfte! Blast den Regierenden den Friedensmarsch. In die Zukunft unserer Gesellschaft investieren wortreich der Kriegskanzler Scholz, sein Adlatus Pistolius und die EU-Kriegsuschi (Man duzt sich im Politzirkus). Was sagte doch Ludwig Renn in der Rede vom 3. Mai 1945: »Nur eine wirklich demokratische Regierung wird das Volksvermögen nicht mehr in sinnlosen Kriegen verschleudern, sondern dem Wohle und dem Fortschritt des Volkes dienstbar machen. Sie wird den Menschen wieder achten.« Sorgt euch nicht um die 50.000 Schüler. Sie werden dringend in der Bundeswehr gebraucht. Für Honorarkräfte finden sich viele Plätzchen bei der Bundeswehrreserve. Auf jedem Marktplatz der Republik werden patriotische Lieder lärmen. Es gibt so viele Friedenslieder. Kennt ihr keine? In Gedanken bin ich Gisela Steineckert sehr nah und möchte wenige Zeilen aus »Ehe der Krieg beginnt« zitieren: »Ehe der Krieg beginnt / kannst du ihn sehn / du siehst den Krieg entstehn / sobald die Fahnen sich zum Wind hin drehn / und die Leute stiller in ihre Häuser gehen / Die Mütter greifen anders nach dem Kind / Ehe er beginnt / riechst du den Krieg im Wind.« Ab 18 werden die Schüler befragt und gedrängt am freiwilligen Kriegsdienst teilzunehmen, da gibt es auch Musikkapellen. Das ändert alle Stundentafeln. Wie viele Granaten kann man wohl für 16 Millionen Euro jährlich kaufen? Bisher ist die Anspruchshaltung der Waffenindustrie im Umlauf. Sie fordert Sicherheit für Auftragserteilungen der nächsten 10 Jahre. Ihr fragt nicht, wie die Finanzausstattung in den Speckgürteln oder dem Restland aussieht? Hauptsache, der eigene Wanst wächst. Festverträge ziehen Rentenforderungen nach sich, die aber dringend für die Veteranensorge benötigt werden. Da solltet ihr den Kriegsversehrten nicht die Butter vom Brot stehlen. Rechtsprechung ist ein eigenes Thema. Die Rechtsprechung nach dem Herrenberg-Urteil wird wohl demnächst einem Herrenreiterurteil weichen.

Regio:

                                     Heute 8 Seiten extra – Beilage zum Thema: Marx in Afrika