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Aus: Ausgabe vom 11.06.2024, Seite 15 / Natur & Wissenschaft
Medizin

Im Frühstadium

Vier Jahrtausende alt: Tübinger Studie weist älteste bekannte Krebsoperation nach
Von Felix Bartels
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Frühe Medizinmänner: Die alten Ägypter

Schlappe 2.000 Jahre, bevor Hippokrates in Hellas sein Heilwesen trieb, waren die Ägypter schon am Start. Die ältesten Nachweise praktizierter Chirurgie finden sich in ihrer Kultur. Demnach sollen sie Zahnbehandlungen durchgeführt, individuell angepasste Prothesen gebaut und Knochenbrüche gerichtet haben. Desgleichen sind Operationen am Kopf seit längerem durch Auswertungen archäologischer Funde bestätigt. Eine Untersuchung kam jetzt zum Ergebnis, dass Ärzte im Alten Ägypten auch Krebsgeschwüre untersucht und möglicherweise sogar operativ entfernt haben.

Eine Forschungsgruppe um Tatiana Tondini von der Universität Tübingen hat einen Schädel untersucht, der zur archäologischen Sammlung der University of Cambridge gehört. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Gruppe im medizinischen Fachjournal Frontiers in Medicine veröffentlichte. Der Ursprung des Schädels wird in den Zeitraum zwischen 2.600 und 2.300 v. u. Z. datiert und stammt von einem Mann, der im Alter von 30 bis 35 Jahren gestorben sein muss. Das Fundstück ist damit mehr als 4.300 Jahre alt und weist Anzeichen eines primären Krebstumors am Gaumen auf. Zudem befinden sich auf dem Schädel etwa 30 kleinere runde Löcher oder Durchbrüche, was den Forschern zufolge auf sekundäre Metastasen des primären Nasen-Rachen-Krebstumors am Gaumen hinweise. »Der Schädel 236 repräsentiert damit einen der ältesten bekannten Krebsfälle aus dem alten Ägypten«, berichten Tondini und ihre Kollegen. Bislang galt ein in Ägypten gefundenes Skelett aus der Zeit um 1.200 v. u. Z. als ältester Nachweis von typischen Krebsläsionen am Knochen.

Bedeutender allerdings ist die Erkenntnis der operativen Behandlung. Vermittels Mikroskopen und Mikrocomputertomographien entdeckte man an Schädel 236 Schnittspuren in der Nähe einiger Knochenlöcher. Führung und Ort der Schnitte ließen den Schluss zu, dass sie der Freilegung oder gar Entfernung der Krebsläsionen dienten. »Es hat den Anschein, als haben die alten Ägypter eine Form der chirurgischen Behandlung durchgeführt, die mit diesen Krebstumoren zusammenhängt«, bestätigt Albert Isidro vom Universitätsklinikum Sagrat Cor in Barcelona und Koautor der Studie. »Das belegt, dass die ägyptische Medizin bereits experimentelle Therapien bzw. medizinische Forschung an Krebs durchführte.«

Was offen bleibt, ist die Frage, welcher Natur die Operation war. Es könnte sich um einen chirurgischen Eingriff zur Entfernung des Tumors handeln oder aber um eine Autopsie. Für den Fall, dass ersteres zutrifft, bliebe zudem die Frage offen, ob die Operation erfolgreich war: Ist der Patient infolge des Eingriffs verstorben oder erst später? In jedem dieser Fälle hat die Erkenntnis hohe Relevanz für die Geschichte der Medizin. Sie zeigt die Behandlung oder Erforschung des als Zivilisationskrankheit bezeichneten Leidens im Frühstadium der Geschichte.

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