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Aus: Ausgabe vom 12.06.2024, Seite 1 / Titel
Ukraine-Krieg

Freibrief für Neonazis

Washington hebt US-Waffenverbot für ukrainische »Asow«-Brigade auf. Rheinmetall startet vor »Wiederaufbaukonferenz« Joint Venture mit Kiew
Von Ina Sembdner
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US-Waffen in »vertrauenswürdigen« Händen: Nazisymbolik als Markenzeichen der »Asow«-Brigade (Kiew, 14.3.2020)

Je mehr die Ukraine auf dem Schlachtfeld ins Hintertreffen gerät, desto radikaler werden die Maßnahmen ihre Verbündeten. So habe »die 12. Asow-Brigade der ukrainischen Spezialeinheiten die vom US-Außenministerium durchgeführte Leahy-Überprüfung bestanden«, meldete das State Department nach »eingehender Überprüfung« laut Washington Post vom Montag (Ortszeit). Das »Leahy-Gesetz« verhindert, dass US-Militärhilfe an ausländische Einheiten geht, die nachweislich schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben – dafür habe das Außenministerium »keine Beweise« gefunden.

Im Zuge des »Euromaidan« und der rassistischen Gewalt gegen die russischsprachige Bevölkerung im Osten der Ukraine war »Asow« vor rund einem Jahrzehnt die Verwendung US-amerikanischer Waffen untersagt worden. Die Angehörigen der Brigade posierten allerdings schon unmittelbar nach dem russischen Einmarsch im Februar 2022 als erste mit neu gelieferten westlichen Waffen – nun haben sie ganz offiziell »Zugang zu derselben militärischen Unterstützung der USA wie jede andere Einheit«.

Offen bleibt, wann genau das Verbot aufgehoben wurde. Ein Sprecher des Außenministeriums lehnte es gegenüber dem Blatt ab, dazu Auskunft zu geben. Ebenso unklar bleibt, ob die US-Waffen bereits »Asow«-Kämpfer erreicht haben. Weder die Führung der Neonazibrigade – deren noch immer verehrter Gründer Andrij Bilezkij geschworen hat, »die weißen Rassen der Welt in einen letzten Kreuzzug (…) gegen die von Semiten geführten Untermenschen zu führen« – noch die ukrainische Regierung reagierten auf diesbezügliche Anfragen der Washington Post. Die hatte noch im März 2022 selbst zu »Asow« getitelt: »Neonazis nutzen den Krieg Russlands in der Ukraine für ihre Zwecke aus.« Ihr Ziel sei nicht die Verteidigung einer demokratischen Ukraine, hieß es damals, sondern »eine gemeinsame Vision für einen ultranationalistischen Ethnostaat«. Der Krieg biete eine »goldene Gelegenheit, dieses Ziel zu verfolgen und es in ein Modell zu verwandeln, das in die ganze Welt exportiert werden kann«.

Auch für andere birgt der Krieg und der zunehmende Bedarf an Waffen und Munition eine »goldene Gelegenheit«. So eröffnete der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall am Montag einen ersten gemeinsamen Panzerreparaturbetrieb und eine Produktionsstätte in der Ukraine. Man wolle das Land »effizient und zuverlässig« unterstützen, sagte Konzernchef Armin Papperger dem ukrainischen Verteidigungsministerium zufolge. Und beide Seiten haben Großes vor. So will die Ukraine mit Hilfe westlicher Rüstungskonzerne künftig einer der weltweit führenden Waffenproduzenten werden, und Rheinmetall will an die Spitze der globalen Waffenschmieden rücken. Das Geld für die dafür benötigte Basis wird dabei gerade bei der in Berlin stattfindenden »Wiederaufbaukonferenz« eingesammelt. Und erst am Montag berichtete die Wirtschaftswoche unter Berufung auf einen Insider: Es sei Rheinmetalls Anspruch, »eine der Säulen der nationalen und internationalen Sicherheitsvorsorge zu sein«. Es schmerze Papperger in seinem unternehmerischen Ehrgeiz, dass sein Konzern zwar weltweit viel Aufmerksamkeit erfahre, doch in der Branche finanziell und bei den Auslieferungen bestenfalls in der zweiten Liga spiele. Nach einer Steigerung des Börsenwerts seit 2021 auf rund 22 Milliarden Euro, seien nun »50 Milliarden denkbar«.

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  • Leserbrief von Walter Fischer (12. Juni 2024 um 14:03 Uhr)
    Die Eröffnung des Panzerreparaturbetriebes durch den deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall in der kriegsgeplagten Ukraine ist ein strategischer Fehler von erheblichem Ausmaß. Diese Entscheidung ist nicht nur ökonomisch riskant, sondern auch moralisch und politisch fragwürdig. Die Ukraine ist eine Region, die von anhaltenden militärischen Konflikten geprägt ist. Die Einrichtung eines Betriebes in einem solchen Gebiet bedeutet, dass diese Anlage einem hohen Risiko von Zerstörung durch militärische Aktionen ausgesetzt ist. Produktionsstätten in Kriegsgebieten werden oft zu strategischen Zielen für Bombardierungen und Sabotage, was die Sicherheit der Mitarbeiter und die Integrität der Produktionsanlagen erheblich gefährdet. Investitionen in eine Krisenregion sind mit erheblichen wirtschaftlichen Unsicherheiten verbunden. In der Ukraine sind heutzutage stabile wirtschaftliche Bedingungen und ein zuverlässiges Geschäftsumfeld kaum zu gewährleisten. Es sind ständige Unterbrechungen, Versorgungsengpässe und logistische Probleme zu erwarten.
    • Leserbrief von C. Hoffmann (12. Juni 2024 um 15:33 Uhr)
      Ökonomisch ist da gar nichts riskant, weil der hiesige Steuerzahler kriegsbedingte Verluste von Rheinmetall zu 100 Prozent ausgleichen wird. Die Bundesregierung hat die entsprechenden Garantien längst ausgesprochen. Haben Sie das nicht gewusst?
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz S. (12. Juni 2024 um 15:02 Uhr)
      Sie befürchten, dass die Eröffnung des Panzerreparaturbetriebes ein »strategischer Fehler« ist, weil der Betrieb ein militärisches Ziel sein könnte. Sie sollten sich als Regierungs- oder Unternehmensberater anstellen lassen. Wenn es das nur wäre, dass Rheinmetall möglicherweise einen Rüstungsbetrieb verliert, könnte man locker darüber hinwegsehen.
  • Leserbrief von Irmela Mensah-Schramm ("Hass vernichtet") aus 14109 Berlin (12. Juni 2024 um 08:23 Uhr)
    Schließlich wurden die USA von einem extrem rechten Präsidenten Trump regiert und der sieht gute Aussichten für sich – es gibt erschreckend viele Amerikaner, die demokratiefeindlich denken und sind! Ich denke mal, die Demokratie ist sicher nicht so schwach wie sie agiert – dort, wie auch hierzulande! Wenn man bedenkt, dass friedliche Einzelaktionen gegen die AfD so derart kriminalisiert werden, wie es mir im s.g. »demokratisch« regierten Berlin durch AfD-Freunde innerhalb der Polizei vor wenigen Jahren passiert ist, muss man sich über die Erfolge der Rechten nicht mehr wundern und braucht auch nicht zu jammern!

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