75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Dienstag, 2. Juli 2024, Nr. 151
Die junge Welt wird von 2819 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 12.06.2024, Seite 15 / Antifaschismus
EU-Wahlen

Rechts profitiert

Nationalistische Parteien verzeichnen fast überall Zugewinne bei den Wahlen zum EU-Parlament
Von Ulrich Schneider
15.JPG
»Fickt euch, Faschos«: Franzosen demonstrieren am Montag in Paris gegen Wahlsiegerin Marine Le Pen

Was sich in den Prognosen der vergangenen Monate bereits angedeutet hatte, ist bei den Wahlen zum EU-Parlament in Brüssel eingetreten: Rechte Parteien konnten in vielen Mitgliedstaaten von der allgemeinen Unzufriedenheit mit Preisteuerungen, der Asylpolitik und auch mit dem »Green New Deal« profitieren. Von den 720 Abgeordneten im neuen Parlament sind mindestens 130 ultrarechten Parteien zuzurechnen. Dabei kann es niemanden beruhigen, dass die Stimmengewinne »geringer ausgefallen« seien, als von den Parteien erhofft, wie es in Kommentaren der bürgerlichen Presse zu lesen ist. Auch nicht, dass »proeuropäische« Parteien weiterhin die Mehrheit im Parlament stellen, denn das stand zu keinem Zeitpunkt in Frage.

Auch unter den EU-skeptischen, nationalistischen Parteien gab es Verluste, so bei den Schwedendemokraten (minus zwei Prozentpunkte) und den »Wahren Finnen«, deren Stimmenanteil sich halbierte. Dennoch bleibt ihre Bedeutung als Mehrheitsbeschaffer für die rechtsbürgerlichen Regierungen bestehen. In Dänemark verlor die Dansk Folkeparti zwar vier Prozentpunkte. Ihre Konkurrenz von rechts, die Dänemarksdemokraten, erreichte jedoch über sieben Prozent der Stimmen, so dass der rechte Block sich insgesamt vergrößert hat. Sowohl in Portugal als auch in Spanien blieben die rechten Parteien Chega und Vox hinter ihren Erwartungen zurück. Offenbar hat hier die gesellschaftliche Mobilisierung gegen rechts Wirkung gezeigt.

In den Niederlanden konnte Geert Wilders’ Partij voor de Vrijheid hingegen aus dem Stand sechs Sitze erringen. In Österreich wurde die FPÖ stärkste Kraft – ein Stimmungstest vor den Parlamentswahlen im Herbst. In Polen, wo nur etwa 40 Prozent der Wähler zur Urne gingen, erzielten die EU-skeptischen und nationalistischen Parteien PiS und Konfederacja die Hälfte der Mandate. In Belgien kamen die flämisch-nationalistischen Parteien (N-VA und Vlaams Belang) auf über 27 Prozent, während in Frankreich die Le-Pen-Partei Rassemblement National (RN) mit über 30 Prozent einen Erdrutschsieg einfuhr. Die offen faschistische Reconquête von Éric Zemmour bekam fünf Prozent.

In Berichten war vom »schlechten Abschneiden« von Viktor Orbáns Fidesz zu lesen. Allerdings wird die stärkste Konkurrenz von einem ehemaligen Fidesz-Funktionär geführt, und die ultrarechte Partei »Unsere Heimat« zieht ins Parlament ein. Auch in Italien konnte die Regierung ihre politische Dominanz bestätigen. Die »Fratelli d’Italia« von Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni erzielte rund 30 Prozent. Offenbar kam der Kuschelkurs mit Ursula von der Leyen bei den italienischen Wählern gut an. Die Kommissionspräsidentin weiß aber, dass Meloni klare Forderungen für ihre Unterstützung einer zweiten Amtszeit stellen wird.

In Deutschland erreichte die AfD 15,9 Prozent und wurde damit zweitstärkste Kraft in der Bundesrepublik – und das trotz Skandalen um den Spitzenkandidaten Maximilian Krah vor den Wahlen. Offensichtlich ist, dass hier die liberale Mobilisierung gegen die Partei und das mediale Trommelfeuer bei den »Stammwählern« nicht verfing. In den ostdeutschen Bundesländern wurde die Partei mit Abstand stärkste Kraft. Dass die neue Fraktion Krah vorsorglich aus ihren Reihen ausschloss, zeigt auch, dass sich die Partei mit aller Kraft Marine Le Pen und Meloni andienen möchte. Beide waren wegen der Causa Krah auf Abstand gegangen.

Damit werden aus fast allen Mitgliedstaaten ultrarechte Mandatsträger nach Brüssel entsandt. Deren Parteien müssen sich darauf verständigen, in welcher Konstellation sie zusammenarbeiten. Die beiden bislang getrennt agierenden Fraktionen Europäische Konservative und Reformer (EKR) und Identität und Demokratie (ID), denen nach dieser Wahl schon jetzt über 130 Mandate zugerechnet werden, könnten gemeinsam, mit einigen »Unabhängigen« (AfD, Fidesz), zweitstärkste politische Kraft in Brüssel sein. Eine »Supergroup« von EKR und ID hatte RN-Chefin Le Pen vor den Wahlen ins Spiel gebracht.

Jedoch gibt es zwischen den einzelnen Parteien auch Friktionen, die eine Allianz erschweren. Am Ende kommt es wohl vor allem auf die italienische Ministerpräsidentin an – und ob sie von der Leyen unterstützt.

Großes Kino für kleines Geld!

75 Augaben für 75 €

Leider lässt die Politik das große Kino vermissen. Anders die junge Welt! Wir liefern werktäglich aktuelle Berichterstattung und dazu tiefgründige Analysen und Hintergrundberichte. Und das zum kleinen Preis: 75 Ausgaben der gedruckten Tageszeitung junge Welt erhalten Sie mit unserem Aktionsabo für nur 75 €!

Nach ablauf endet das Abo automatisch, Sie müssen es also nicht abbestellen!

Ähnliche:

  • Schmierig grinsen kann er: Matteo Salvini
    05.12.2023

    Salvinis verzweifelte Show

    Italien: Zusammenkunft rechter europäischer Parteien vor anstehenden EU-Wahlen
  • Italiens Innenminister Matteo Salvini (M.) will Europas extreme ...
    04.04.2019

    Salvini lädt ein

    »Großes Event«: Europas extreme Rechte soll sich in Mailand ein Stelldichein geben

Mehr aus: Antifaschismus