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Aus: Ausgabe vom 12.06.2024, Seite 16 / Sport
Radsport

Auf dem Hosenboden

Nächster Stop Tour de France: So war das 76. Critérium du Dauphiné
Von Holger Römers
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Fühlt sich wohl in den Bergen: Primož Roglič (9. Juni 2024)

Beim 76. Critérium du Dauphiné konnte sich Radprofi Primož Roglič (Bora-Hansgrohe) am Sonntag den Gesamtsieg sichern, nachdem er an beiden Vortagen souverän zwei Bergetappen gewonnen hatte. Nach dem Tageserfolg am Sonnabend befand er freilich, Priorität habe, überhaupt auf dem Fahrrad geblieben zu sein. Fast wortgleich hatte der 34jährige Slowene, der seit einem schlimmen Massensturz bei der Baskenlandrundfahrt zwei Monate kein Rennen bestritten hatte, schon am Mittwoch seinen dritten Rang im Zeitfahren kommentiert; am Tag davor war er nämlich auf den Straßenrand gefallen. Schlimmer als das Malheur vom Dienstag war freilich am Donnerstag der Massensturz, bei dem Roglič zu mindestens 30 Betroffenen gehörte, weil eine regennasse Straße unvermittelt zur Wasserrutsche wurde – ohne dass ein Fahrer, der Veranstalter oder Außenstehende verantwortlich erschienen.

Dass der letztjährige Giro-Gewinner und dreifache Vuelta-Sieger nicht nur diese vergleichsweise flache Etappe beenden konnte, die neutralisiert ins 21 Kilometer entfernte Ziel geführt wurde, sondern nach 2022 erneut die traditionsreiche einwöchige Rundfahrt gewann, ließ den notorisch von Sturzpech Verfolgten geradezu als Glückspilz erscheinen. Allerdings klagte Roglič nach seinen Etappensiegen über Schulterschmerzen, offenbar ein Überbleibsel vom Donnerstag. Und am Sonntag geriet er am Schlussanstieg überraschend in Schwierigkeiten, da er auf den letzten gut fünf Kilometern nicht alle Beschleunigungen aus der Spitzengruppe mitgehen konnte. Matteo Jorgenson (Team ­Visma-Lease a Bike) drückte schließlich so sehr aufs Tempo, dass dem 24jährigen US-Amerikaner im Ziel nur acht Sekunden zum Gesamtsieg fehlten, als er im Zweiersprint um den Tagessieg dem ein Jahr jüngeren Spanier Carlos Rodríguez (Ineos Grenadiers) unterlag, der wiederum Gesamtvierter wurde.

Entsprechend zwiespältig sind die Schlussfolgerungen, die sich im Hinblick auf Rogličs Siegchancen bei der am 29. Juni beginnenden Tour de France ziehen lassen. Mindestens ebenso zwiespältig dürfte die Bilanz des wichtigen Vorbereitungsrennens, das jeweils mehrheitlich in der namensgebenden Region im Südosten Frankreichs stattfindet, aber bei Team Visma-Lease a Bike ausfallen. Nachdem Jorgenson in dieser Saison bereits unerwartete Vielseitigkeit bewiesen hatte, indem er Paris–Nizza sowie Dwaars door Flandern gewann, scheint nun denkbar, dass er bei der Frankreichrundfahrt um einen Podiumsplatz kämpfen könnte. Das böte seiner Mannschaft einen Plan B, falls Titelverteidiger Jonas Vingegaard, der bei der Baskenlandrundfahrt die schwersten Verletzungen erlitten hat, nicht rechtzeitig fit werden sollte. Wer auch immer bei Visma Kapitän sein wird, muss jedenfalls auf zwei prominente Helfer verzichten, da die Niederländer Dylan van Baarle und Steven Kruijswijk am Donnerstag zu den Sturzopfern gehörten und Knochenbrüche erlitten. Ihr US-amerikanischer Kollege Sepp Kuss ging indes am Sonntag wegen anderer gesundheitlicher Probleme nicht mehr an den Start, nachdem der letztjährige ­Vuelta-Gewinner an den Vortagen schon früh hatte abreißen lassen.

Fraglich erscheinen wiederum auch die Aussichten eines weiteren Tour-Aspiranten, der nach der baskischen Massenkarambolage ins Wettkampfgeschehen zurückgekehrt ist: Als Weltmeister in dieser Spezialdisziplin gewann Remco Evenepoel (Soudal Quick-Step) überlegen das Zeitfahren und übernahm vorübergehend die Gesamtführung – bevor er am Folgetag auf dem Hosenboden landete. Der 24jährige Belgier mochte danach nicht über neue Blessuren klagen, sondern nannte seinen Trainingsrückstand als Erklärung, warum er auf den letzten drei Etappen am jeweiligen Schlussanstieg nicht mithalten konnte. Aber es bleibt Glaubenssache, ob man dem Vuelta-Sieger von 2022 die Zuversicht abkauft, die er aus einem siebten Gesamtplatz – hinter Laurens De Plus (Ineos Grenadiers) und Alexander Wlassow (Bora-Hansgrohe) – sowie einem angeblich »85 Prozent« umfassenden Formaufbau ableiten wollte.

Mit einem Platz unter den Top ten der Tour de France mag derweil völlig unerwartet Derek Gee (Israel-Premier Tech) liebäugeln. Denn der 26jährige Kanadier hat in der Dauphiné nicht nur einen Etappenerfolg erzielt, sondern auch sensationell den dritten Gesamtrang erreicht. Allerdings muss abschließend auch jemand zu den Gewinnern gerechnet werden, der vor Ort gar nicht anwesend war: Denn Tadej Pogačar (UAE Team Emirates), der seit seinem Giro-Sieg pausiert, dürfte am Fernseher kaum etwas gesehen haben, was ihn hinsichtlich eines dritten Toursieges pessimistisch stimmt.

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