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Aus: Ausgabe vom 14.06.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Sri Lanka

»Buddhistische Nationalisten sehen Verschwörung«

Über den langen Weg zu Strafverfolgung und Versöhnung in Sri Lanka. Ein Gespräch mit Shreen Abdul Saroor
Von Mawuena Martens
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Eine Tamilin auf einem Stück Land, das erst kürzlich von Regierungstruppen geräumt wurde (Jaffna, 5.5.2024)

Sie sind politische Aktivistin in Sri Lanka. Was halten Sie vom Bericht des UN-Menschenrechtskommissariats?

Der Bericht ist gut, weil er die Systematik des Verschwindenlassens und die Kultur der Straflosigkeit zum Zweck des Machterhalts in allen politischen Parteien – egal ob tamilisch oder singhalesisch – beleuchtet. Er zeigt auch die Beteiligung aller bisherigen Regierungen am Vertuschen und das Versagen der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz. Und er ist wichtig, damit Untersuchungen zu weiteren Verbrechen folgen.

Wie wurde der Bericht in Sri Lanka aufgenommen?

Man hat wenig berichtet. Normalerweise branden bei einem internationalen Bericht antimuslimische und antitamilische Ressentiments auf. Buddhistische Nationalisten sehen dann eine Verschwörung gegen das Land und eine Verunglimpfung von »Kriegshelden«. Dass es diesmal ziemlich ruhig geblieben ist, werte ich als positives Signal.

Im Herbst sollen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden.

Ja, allerdings versucht der aktuelle Präsident, Ranil Wickremesinghe, das zu verhindern, da er wohl nicht wiedergewählt würde. Die Bekanntgabe des Wahldatums soll Mitte Juli erfolgen. Die beiden anderen Konkurrenten haben nicht direkt etwas mit den Vergehen der Vergangenheit zu tun. Sollten sie an einer Aufarbeitung und Strafverfolgung der Verbrechen interessiert sein, kann der Bericht für sie richtungsweisend sein.

Was erwarten Sie von Ländern wie Deutschland?

Deutschland kann dabei helfen, Kriegsverbrecher zu bestrafen und den Opfern in Sri Lanka zu ihrem Recht zu verhelfen, indem es im September die Resolution in Genf unterstützt. Die wird dem UN-Menschenrechtskommissariat ein erneutes Mandat erteilen, Untersuchungen durchzuführen und die Versöhnung und Rechenschaftspflicht in Sri Lanka zu stärken. Das ist auch wichtig, damit sich solche Verbrechen nicht wiederholen.

Viele sprechen von Parallelen zwischen dem Gazakrieg und dem Vorgehen des Militärs in Sri Lanka während des Bürgerkriegs.

Ja, die Menschen hier schauen wie gelähmt auf das, was im Gazastreifen passiert. Und es gibt in der Tat viele Ähnlichkeiten: die gleichen Bombardierungen von Krankenhäusern und Flüchtlingslagern, das Aushungern der Menschen, das Massakrieren von unbewaffneten Zivilisten und Kindern, das Herunterspielen der Zahlen durch die Regierung. Der einzige Unterschied ist, dass wir nun alles live verfolgen können. Wenn es in Sri Lanka nach 15 Jahren immer noch keine Gerechtigkeit für die Opfer gibt, wie wird es sie dann jemals für die Menschen in Gaza geben?

Und dennoch ist Sri Lanka weit gekommen, oder?

Als wir 2009 zur UN nach Genf kamen, sagte man uns: »Glückwunsch, ihr habt den Terrorismus besiegt.« Daraufhin haben wir die Resolutionen und das jetzige Projekt zur Untersuchung der Vergehen ins Leben gerufen. Es wurde auch ein Mechanismus angewandt, der zuvor nur im Fall der Myanmar-Rohingya angewandt wurde. Der Kampf der Sri Lanker für Gerechtigkeit ist letztlich ein Kampf für weltweite Gerechtigkeit.Interview:

Shreen Abdul Saroor ist Mitbegründerin des Women’s Action Network Sri Lanka

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