75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 29. / 30. Juni 2024, Nr. 149
Die junge Welt wird von 2819 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 15.06.2024, Seite 4 / Inland
Rüstungsindustrie

Ein Herz für deutsche Waffen

AfD-Fraktion fordert im Bundestag Vorzugsbehandlung einheimischer Rüstungsproduzenten und Ende von Zivilklauseln an Hochschulen
Von Philip Tassev
4.jpg
Geht es nach der AfD, soll die Bundeswehr vorrangig deutsche Waffen anschaffen (Sanitz, 11.6.2024)

Die AfD, die sich so gerne zur Friedenspartei stilisiert, sorgt sich um die deutsche Rüstungsindustrie. Am Freitag hat der Bundestag drei Anträge debattiert, in denen die rechte Partei die Vorzugsbehandlung deutscher Waffenproduzenten und die Abschaffung von Exportbeschränkungen für Rüstungsgüter aus der BRD fordert.

Diese Anträge sollen »die wehrtechnische Industrie in Deutschland stärken, die uns als AfD sehr am Herzen liegt«, wie der Abgeordnete Malte Kaufmann erklärte. Nicht nur die Bundeswehr sei ein »jahrzehntelang vernachlässigtes Stiefkind der deutschen Politik«, auch die deutsche Rüstungsindustrie sei kaputtgespart worden. Sie brauche jetzt Planungssicherheit, Abnahmegarantien und eine Exportpolitik ohne »links-grüne Hypermoral«. Der deutsche Staat solle »erforderliche Güter vorrangig bei deutschen Unternehmen kaufen«, sonst würden Milliarden Euro ins Ausland fließen, statt in Deutschland zu bleiben.

Aus den Ampelfraktionen und von der Union kam keine grundsätzliche Kritik am Zweck der Anträge, nämlich die deutsche Rüstungsindustrie zu fördern. Ralf Stegner (SPD) betonte, dass sich die »demokratischen Fraktionen weitgehend einig« darin seien, »dass die heimische Rüstungsindustrie wichtig für die deutsche Sicherheitspolitik« und »unverzichtbar für unsere Bundeswehr« und »Bündnisfähigkeit« sei. Exportbeschränkungen seien aber wichtig, um zu vermeiden, dass deutsche Waffen bei »geopolitischen Gegnern und Diktaturen« landen. Sein Parteikollege Christoph Schmid machte klar, dass die SPD »an der Seite der Beschäftigten und der Industrie« stehe. An erster Stelle stehe aber der Bedarf der Bundeswehr, und da etwa ein Kampfjet wie die F-35 des US-Rüstungskonzerns Lockheed Martin nicht auf dem europäischen Markt verfügbar sei, müsse man auch bei ausländischen Firmen Waffen kaufen.

In diese Richtung ging auch der Beitrag von Maik Außendorf (Bündnis 90/Die Grünen). Die Rüstungsindustrie sei von »herausragender Bedeutung« für die Beziehung zu den »transatlantischen Wertepartnern«. Deutsche Waffen dürften nicht in die »falschen Hände« geraten. Als Beispiel nannte er die bis 2014 bestehende Kooperation von Rheinmetall mit der russischen Armee. Die Waffenproduzenten müssten sich aber »unseren Sicherheitsinteressen und unseren Werten unterordnen«. Es tue ihm weh, dass Rüstung wieder so eine große Rolle spiele, aber das sei leider »notwendig«, um in Zukunft wieder auf Diplomatie setzen zu können.

Auch der FDP-Redner Reinhard Houben betonte das »Primat der Politik« in Rüstungsfragen. Die von der AfD angestrebte Priorisierung deutscher Firmen sei ein »Träumen von Autarkie«. Wer »gute Rüstungsgüter« haben möchte, müsse kooperieren. Es brauche gemeinsame Projekte und Standards in Europa.

Die Beiträge der Union klangen stellenweise wie eine direkte Fortsetzung der AfD-Rede. Zwar würden die Anträge der Rechten »den Geist deutschen Isolationismus« atmen, wie CDU-Mann Thomas Röwekamp feststellte, aber sein Parteikollege Klaus-Peter Willsch schloss sich der AfD-Forderung nach Abschaffung der »unsäglichen« Zivilklauseln für deutsche Hochschulen an. Der Waffenexport müsse deutlich gesteigert werden. Deshalb sei es notwendig, »rot-grüne Phantasien eines Verbandsklagerechts« zu beerdigen. Es dürfe nicht sein, dass Gruppen wie Greenpeace oder Pax Christi sich in die deutsche Waffenexportpolitik einmischen.

Von der Linkspartei äußerte sich im Plenum niemand. Die einzige Rednerin, die eine klare Friedensposition einnahm, war Sevim Dagdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht: Die AfD sei keine Friedenspartei, sondern ein Lobbyverein. Sie sei »keine Alternative für Deutschland, sie sind die Altpartei der Rüstungsindustrie«. Die AfD-Anträge würden letztlich bedeuten: »Weniger Geld für Bildung, weniger Geld für Gesundheit, weniger Geld für die Infrastruktur. Dafür noch mehr Geld für den militärisch-industriellen Komplex.«

Großes Kino für kleines Geld!

75 Augaben für 75 €

Leider lässt die Politik das große Kino vermissen. Anders die junge Welt! Wir liefern werktäglich aktuelle Berichterstattung und dazu tiefgründige Analysen und Hintergrundberichte. Und das zum kleinen Preis: 75 Ausgaben der gedruckten Tageszeitung junge Welt erhalten Sie mit unserem Aktionsabo für nur 75 €!

Nach ablauf endet das Abo automatisch, Sie müssen es also nicht abbestellen!

  • Leserbrief von René Osselmann aus Magdeburg (17. Juni 2024 um 11:30 Uhr)
    Der Wolf im Schafspelz zeigt sich immer unverblümter und auch jetzt zeigt er wieder sein Gesicht! Die AfD spielt sich als Friedenspartei schlechthin auf, aber in Wirklichkeit geht es nur um die Vertretung ihrer Interessen: Deutschland zuerst und egal wo! Nach AfD sind Waffen gut und schön, wenn sie von der deutschen Industrie gebaut werden, im Umkehrschluss heißt es: Waffen für Kriege und Aufrüstung sind abzulehnen, außer sie sind aus deutscher Hand! Die AfD ist alles, aber keine Friedenspartei und keine Partei für soziale Gerechtigkeit, sie ist im Grunde genommen nur ein Blender.

Ähnliche:

  • Die AfD wähnt die Rechtsprechung auf ihrer Seite, Geld vom Staat...
    18.12.2023

    Weit rechts außen

    Die AfD und die »Staatsknete« oder: Was will die Alternative für Deutschland mit der Desiderius-Erasmus-Stiftung?
  • Freunde des »Sondervermögens« bleiben gerne unter sich: Blick in...
    28.09.2022

    »Das Gremium ist vollkommen überflüssig«

    Linke-Abgeordnete soll nach Willen der Koalitionsfraktionen kein Wort über Verwendung des »Sondervermögens« mitreden. Ein Gespräch mit Gesine Lötzsch
  • Mit ihrem Engagement gegen Aufrüstung steht Die Linke in der Ham...
    07.09.2018

    Gegen Forschung fürs Militär

    Hamburg: Linksfraktion fordert gesetzliche Zivilklausel für Hochschulen der Hansestadt. Senatsparteien verweigern Debatte darüber