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Aus: Ausgabe vom 18.06.2024, Seite 5 / Inland
Tarifverhandlungen

Zwei Tage Streik an deutschen Seehäfen

Tarifkampf an Nordseeküste: Bei schlechtem Verhandlungsergebnis dauert nächster Ausstand länger
Von Burkhard Ilschner
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Sind entschlossen, wissen, wofür sie kämpfen: Hanseatische Hafenarbeiter am Montag

Seit Montag früh ist in den deutschen Nordseehäfen wieder Arbeitskampf angesagt: Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten der Standorte Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Brake und Emden zu einem weiteren Warnstreik aufgerufen – anders als in der vergangenen Woche nicht Ort für Ort an unterschiedlichen Tagen, sondern einheitlich mit Beginn der Frühschicht. Anlass ist die gestern begonnene und für zwei Tage terminierte dritte Verhandlungsrunde mit dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), nachdem die ersten beiden Treffen zu keinem Ergebnis geführt hatten.

Das Tarifgespräch findet dieses Mal in Hamburg statt. Um entsprechenden Druck aufbauen zu können, dauern die Arbeitsniederlegungen je nach Hafenstandort 24 bis 48 Stunden, in Hamburg von Montag früh bis zum Ende der Spätschicht am Dienstag – ein vorheriger Abbruch ist allenfalls denkbar, falls ein akzeptables Ergebnis erzielt würde. Die Beschäftigten von der Unterweser – Bremen, Brake, Bremerhaven – sowie aus Emden waren aufgerufen, nach Hamburg zu fahren. Dort fand Montag mittag in der Innenstadt eine Demonstration mit mehreren Zwischenkundgebungen statt, und zwar nicht nur beim lokalen Terminalbetreiber HHLA und dem ZDS, sondern auch – aus aktuellem Anlass – bei der Zentrale der Schweizer Großreederei MSC.

Verdi fordert für die Hafenbeschäftigten eine Erhöhung der Stundenlöhne um drei Euro rückwirkend zum Beginn dieses Monats und bei einer Laufzeit von zwölf Monaten, ferner deutliche Anhebungen der Schichtzuschläge, einschließlich einer Nachholung zu 2022: Damals war die Zulagenerhöhung ausgeblieben, obwohl viele Häfen – insbesondere die Containerterminals – während der anhaltenden Lieferkettenengpässe durch immense Lagergebühren herausragend gut verdient hatten.

Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, dass das jüngste Angebot des ZDS – unter anderem 2,5 Prozent Lohnerhöhung, mindestens 60 Cent – die Stimmung unter den Hafenbeschäftigten angeheizt hat. Nicht nur in Hamburg, auch in Bremen, Bremerhaven und Emden hatten in der vergangenen Woche Warnstreiks dies eindrucksvoll gezeigt. Verdi-Verhandlungsführerin Maren Ulbrich unterstrich am Sonntag in einer Pressemitteilung noch einmal nachdrücklich, dass insbesondere die unteren Lohngruppen wegen der Inflationsfolgen finanziell entlastet werden müssten. Was das konkret bedeutet, berichtete in der vergangenen Woche die Nordsee-Zeitung über den Warnstreik in Bremerhaven: »Wir merken, es geht beim Umschlag aufwärts, aber beim privaten Einkauf ist weniger im Einkaufswagen«, zitierte das Blatt den gewerkschaftlichen Vertrauensmann Andre Alpers. »Man trage zum Erfolg bei, werde aber nicht angemessen beteiligt.«

Während der erste Ausstand in Hamburg am 7. Juni von vornherein Früh- und Spätschicht eingeschlossen hatte, waren die Terminalbetreiber sowohl in Bremerhaven am 12. als auch in Emden am 14. Juni von Verdis Taktik überrascht worden: Beide Male hatte der ursprüngliche Streikaufruf sich zunächst auf die jeweilige Frühschicht bezogen, waren folglich Reedereien und Speditionen entsprechend unterrichtet worden. Tatsächlich dauerten die Warnstreiks dann aber bis zum Spätschichtende gegen 22 Uhr, was die lokalen Notfallpläne der Betreiber empfindlich durcheinander gebracht haben soll. Von der aktuellen Verhandlungsrunde erwarten Gewerkschaft und Hafenbeschäftigte einen zufriedenstellenden Abschluss. Wie zu hören ist, besteht Einigkeit darüber, dass ohne entsprechendes Ergebnis die nächsten Arbeitskämpfe »nicht nur ein, zwei Schichten« einschließen könnten. Wenn nichts passiere, werde das länger dauern.

Insgesamt sind Montag und Dienstag nach Angaben der Gewerkschaft an allen Standorten zusammen mehr als 11.000 Beschäftigte zum Warnstreik aufgerufen. Der Hamburger Demonstrationszug begann am späten Montag vormittag am Treffpunkt Elbphilharmonie, zog durch die Speicherstadt und an den genannten Kundgebungsorten sowie dem Hauptbahnhof vorbei und endete schließlich am Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof.

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