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Aus: Ausgabe vom 20.06.2024, Seite 4 / Inland
Repression gegen Palästina-Bewegung

Gruppe kritisiert »repressive Willkür«

Duisburg: Komitee klagt gegen das Verbot eines Vereins für Palästina-Solidarität
Von Henning von Stoltzenberg
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Gefährliche Geste? Aktivistin fordert die Befreiung Palästinas (Duisburg, 9.10.2023)

Von weiteren Strafmaßnahmen gegen die Palästina-Solidaritätsbewegung in der BRD haben die Innenministerien von Bund und Ländern zuletzt abgesehen. Was dahin gehend die am Mittwoch gestartete Innenministerkonferenz in Potsdam (Stichwort »Extremistenbekämpfung«) beschließt, bleibt abzuwarten. Keine Zeit verlieren wollen jedenfalls diejenigen, die gegen das Verbot des Vereins »Palästina-Solidarität Duisburg« (PSDU) durch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) opponieren. So hat sich bereits am Montag ein Komitee gegen die am 16. Mai verkündete Verbotsverfügung gegründet. Das erklärte Ziel: die Aufhebung des Vereinsverbotes.

Im Duisburger Stadtteil Marxloh gaben zwei Vertreterinnen und Vertreter des Komitees sowie zwei unmittelbar Betroffene bekannt, dass gegen das Verbot und die am Morgen des 16. Mai erfolgten vier Hausdurchsuchungen entsprechende Klagen eingereicht wurden. Begründet wurde das Verbot mit Artikel 9 Absatz 2 des Grundgesetzes. Die PSDU habe sich mit ihren Tätigkeiten gegen die Völkerverständigung und damit auch gegen die verfassungsmäßige Ordnung in Deutschland gerichtet, behauptete das Landesinnenministerium.

»Aus unserer Sicht ist das Verbot der PSDU ein Skandal. Wir werden die Betroffenen in ihrem Rechtsstreit unterstützen und die Öffentlichkeit über die Hintergründe des Verbots aufklären«, erklärte Sylvia Brennemann im Namen des Verteidigungskomitees. Das Verbot sei politisch motiviert und stelle einen »Akt repressiver Willkür« dar. Mitglieder einer Gruppe, die »lautstark die Menschen- und Völkerrechtsverletzungen in Palästina anprangern«, würden als Antisemiten und »Terrorunterstützer« abgestempelt, kritisierte Brennemann. Einzig auf dieser Grundlage werde ihnen das Recht genommen, als Gruppe grundlegende Kritik an der völkerrechtswidrigen Besatzungspolitik des Staates Israel sowie an der Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung zu üben.

Dem Innenministerium, dem Landesamt für Verfassungsschutz, dem Landeskriminalamt und der Duisburger Polizei inklusive ihrer Staatsschutzabteilung wirft das Komitee »repressives und illegitimes Vorgehen« vor. Dieses sei nicht zu tolerieren, ergänzte Komiteemitglied Thomas Zmrzly. Gemeinsam wolle man laut Gründungserklärung die Öffentlichkeit über die laufende juristische Auseinandersetzung informieren und politischen Druck erzeugen. Damit verbunden sollen Spenden auf dem lokalen Konto der Solidaritätsorganisation Rote Hilfe e. V. gesammelt werden, um die Kosten für die Verfahren zu decken.

Als Betroffener und Kläger berichtete Ahmad Othman über den Ablauf der Razzien und kritisierte das Auftreten der Polizei sowie ihre repressive Vorgehensweise. Mehrfach seien Personen gezielt eingeschüchtert und ihrer Grundrechte beraubt worden. Leon Wystrychowski ordnete schließlich den Zeitpunkt des Verbots ein. Obwohl es auf den 18. März datiert war, sei es zu einem Zeitpunkt vollzogen worden, als der EU-Wahlkampf Fahrt aufnahm und Korruptionsvorwürfe gegen den CDU-Politiker Reul bekanntgeworden seien. Zudem war eine Großdemonstration für Palästina kurze Zeit danach in Duisburg geplant gewesen, die ebenfalls verboten wurde.

Dem Komitee zufolge zielt die Repression auch darauf ab, die Palästina-Solidaritätsbewegung insgesamt einzuschüchtern. Tatsächlich hatte Reul in seiner Erklärung zum PSDU-Verbot gefordert, auch andere propalästinensische Gruppen bundesweit zu verbieten. Behörden in anderen Bundesländern könnten nun auf das PSDU-Verbot verweisen, um weitere Verbote in Deutschland zu rechtfertigen. So könnte also das Vorgehen des NRW-Innenministeriums auch ein Verbotsexperiment darstellen.

Der Verein »Palästina-Solidarität Duisburg« war ein öffentlich agierender Zusammenschluss, dessen Mitglieder unter anderem Demonstrationen, Kulturveranstaltungen, Lesekreise, Filmabende und Vorträge zur Geschichte und aktuellen Lage in Palästina durchgeführt hatten. Er war im Mai 2023 gegründet worden.

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