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Aus: Ausgabe vom 20.06.2024, Seite 7 / Ausland
Thailand

Royalisten für Parteiverbot

Thailand: Verfassungsgericht schiebt Entscheidung zu größter Oppositionspartei auf
Von Thomas Berger
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Der MFP-Ministerpräsidentenkandidat Pita Limjaroenrat bei einer Mitgliederversammlung in Bangkok (24.9.2023)

Über der stärksten politischen Kraft und größten Oppositionspartei Thailands, der linksliberalen Move Forward Party (MFP, dt. Fortschrittspartei), schwebt weiter ein Damoklesschwert. Das thailändische Verfassungsgericht entscheidet bald über einen Verbotsantrag gegen die Wahlsiegerin von 2023. Bei einer Anhörung am Dienstag ist in der Sache allerdings noch keine Entscheidung verkündet worden. Nur die Einsprüche gegen die derzeit laufende Wahl des Senats, der zweiten Parlamentskammer, wurden abgewiesen. Der Prozess soll am 3. und 10. Juli mit weiteren Anhörungen fortgesetzt werden.

Am seidenen Faden hängt jedoch nicht nur das Schicksal der MFP, sondern auch das des Regierungschefs. Premierminister Srettha Thavisin von der ebenfalls liberalen Pheu Thai Party (PT, Partei für Thais) droht die Absetzung, weil er einen Minister in sein Kabinett holte, der in der Vergangenheit sechs Monate lang aufgrund eines Bestechungsversuchs in Haft gesessen hatte.

Die Richter erwägen aktuell ein Verbot der MFP, weil die nationale Wahlkommission (EC) am 3. April einen entsprechenden Antrag einreichte. Neben dem Verbot der Partei wird auch ein zehnjähriges Verbot politischer Betätigung für ihre führenden Vertreter gefordert.

Vorgeworfen wird der MFP Hochverrat, weil diese angeblich danach trachtet, die tragende Rolle des Königshauses und damit die konstitutionelle Monarchie zu untergraben. Das bei der Parlamentswahl im Vorjahr stark geschwächte konservativ-royalistische Lager versucht aktuell, auf juristischem Wege Boden gutzumachen. Als vermeintliche Beweise wurden die Vorstöße der MFP ins Feld geführt, den Artikel 112 im Strafrecht, der »Majestätsbeleidigung« mit bis zu 15 Jahren Haft ahndet, zu reformieren. Der von den Konservativen als sakrosankt gesehene Paragraph wird seit einigen Jahren wieder vermehrt für die Verfolgung von Oppositionellen genutzt. Erst am Dienstag war der frühere thailändische Regierungschef Thaksin Shinawatra nach einem mehrjährigen Exil wegen Majestätsbeleidigung angeklagt worden.

Im Februar hatte das oberste Gericht in Bangkok der MFP bereits Kampagnen gegen den Paragraphen verboten. Das Ausbleiben eines zügigen Urteils zum Verbotsantrag zeigt, dass sich die Richter eine Entscheidung in diesem Fall nicht leicht machen. In thailändischen Medien hatten Experten vorab die Ausgangslage der Partei als schwierig eingestuft. Die MFP-Führung wiederum betonte in einem Statement, für ein Verbot durch die Verfassungsrichter fehle die gesetzliche Grundlage.

Aus dem Ausland hatte unter anderem die Spitze der sozialdemokratischen Parteienfamilie im EU-Parlament (PES) ihre Besorgnis zur Anklage gegen die MFP geäußert. »Der Sieg der Move Forward Party bei den jüngsten Parlamentswahlen in Thailand ist ein klares Signal, dass die Menschen in Thailand progressiven und demokratischen Wandel in ihrem Land wollen«, so PES-Vorsitzender Stefan Löfven in der vergangenen Woche. Der Prozess gegen die Partei sei eine Attacke auf den Reformprozess »und somit ein Angriff auf fundamentale Werte wie Demokratie, Freiheit und Gleichheit«. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte bereits im April die eingereichte Anklage wegen der drohenden Konsequenzen für das politische System kritisiert: »Seit Anbeginn war die Petition der Wahlkommission gegen die Move Forward Party an das Verfassungsgericht ein politisierter Rammbock«, so HRW-Asien-Direktorin Elaine Pearson.

Die Unsicherheit um den Ausgang mehrerer so wichtiger Prozesse wirkt sich indes auch wirtschaftlich negativ für die zweitgrößte Volkswirtschaft Südostasiens aus: Viele Investoren halten sich aktuell zurück.

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