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Aus: Ausgabe vom 20.06.2024, Seite 8 / Ansichten

Beliebter Ministerpräsident des Tages: Bodo Ramelow

Von Nico Popp
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»Die sitzt ja in jeder Talkshow, und zur Zeit kriegt sie in jedem Programm auch noch Sondersendungen«: Bodo Ramelow analysiert die politische Lage

Da braut sich was zusammen: Auf elf Prozent käme die Linkspartei im Moment in Thüringen noch, signalisierte am Dienstag eine Wählerbefragung. Ist da schon der »Amtsinhaberbonus« Bodo Ramelows drin, auf den Koparteichef Schirdewan hoffen zu können glaubte, nachdem die Partei im Mai bei der Kommunalwahl Prügel bezogen hatte? Thüringen, wo die moribunde Linkspartei immer noch den Ministerpräsidenten stellt, sollte bei den drei Landtagswahlen im September eigentlich dafür sorgen, dass das Lagebild nicht vollends der Güteklasse »Waterloo« entspricht: In Sachsen und Brandenburg kann es ja passieren, dass die Partei unter fünf Prozent bleibt.

Aber von 31 Prozent in 2019 runter auf 11 Prozent – das ist ja mit »Bonus« fast noch schlimmer als ohne. Da die Parteispitze seit der Europawahl abgetaucht ist, muss der »Amtsinhaber« höchstpersönlich die Welt erklären. Macht er sowieso am besten. Am Dienstag ging Ramelow gegenüber Welt TV den bedenklichsten Aspekt dieser Umfrage direkt an: Die 21 Prozent, die dem BSW prognostiziert werden. Dabei kandidiert, wie Ramelow feststellt, Wagenknecht, die »Säulenheilige«, in Thüringen gar nicht. Und außerdem – Ramelow über Ramelow – kann »der real existierende und vorhandene Ministerpräsident Bodo Ramelow« »enorme Zuwächse, auch positive Zuwächse, in der Beliebtheit« vorweisen. »Und seine eigene Partei zerreibt es gerade« – eine Paradoxie, findet er, bei der er das Gefühl habe, »dass man eine Emotion wählt«.

Natürlich taugt diese Überlegung nichts, denn »Amtsinhaberbonus« und »Beliebtheit« des real existierenden Ministerpräsidenten haben erst recht keine politische Qualität. Sie stehen noch nicht mal für eine halbwegs oppositionelle »Emotion«. Ramelow kann CDU-Wähler vorweisen, die mit seiner Amtsführung zufrieden sind. Aber die wählen halt trotzdem CDU. Hätte er mal auf diejenigen gehört, die schon immer gesagt haben, dass er in der falschen Partei ist.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Eberhard Hirschler (24. Juni 2024 um 10:47 Uhr)
    Aus meiner 90jährigen Erfahrung heraus wandle ich Ihre Einschätzung der Chancen Bodo Ramelows – den ich sehr schätze – in eine freundschaftliche Empfehlung:

    Akzeptieren Sie, bis zur Wahl scheinbar scheiternder MP zu sein, organisieren nach der Wahl jedoch die regierungsfähige Koalition aus den gleichfalls scheinbar gescheiterten drei Parteien LINKE, SPD und BSW und lassen sich erneut zum MP Thüringens wählen. Das gibt Ihnen die Kraft und den notwendigen Zeitrahmen, daraus, die neue LINKE/BSW zu formen.

    Dieser Partei werden sich begeistert anschließen: die vernünftigen Friedensfreunde in allen drei Parteien und drumherum.
  • Leserbrief von Hans Wiepert aus Berlin (20. Juni 2024 um 15:08 Uhr)
    Die Ramelowdämmerung schreitet fort. Haltlose Wählerschelte schon vor der Wahl. Von sich selbst in dritter Person redend (das kannte man bisher von »Geistesgrößen« wie Lothar Matthäus) bemüht der scheidende MP vermeintlich sagenhafte Sympathiewerte. Majestät brauchen Sonne. Und an »Emotion« hatte Ramelow selber ausgiebig appelliert – etwa mit dem manichäischen Slogan »Ramelow oder Barbarei«.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Marc P. aus Cottbus (20. Juni 2024 um 11:11 Uhr)
    »… dass er in der falschen Partei ist.« Heute ist Ramelow in der richtigen Partei. In der, zu welcher Die Linke inzwischen geworden ist. Da passt er gut rein, der Mann, der meint, Deutschland hätte eine besondere Verpflichtung diese Ukraine von heute militärisch zu unterstützen, wegen des Zweiten Weltkriegs und so, und es ja auch ukrainische Rotarmisten waren, die Deutschland 1945 befreit haben. Ramelow ist ungebildet oder ignorant genug, um keinen Widerspruch darin zu entdecken, dass wir einen ukrainischen Staat unterstützen sollen, in dem man das Andenken an die Befreier vom Faschismus, ebenjener Rotarmisten und roten Partisanen, verunglimpft und ihre Denkmäler abreißt und stattdessen ihren Widersachern, den nationalistischen Kollaborateuren, neue errichtet und diese als Nationalhelden feiert.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in André M. aus Berlin (20. Juni 2024 um 08:46 Uhr)
    Mein Gott, wie hilflos und intellektuell unterfordernd er sich gibt. Trotzdem suhlt er sich noch in seiner Hybris. Wird Zeit, dass er in Rente geht.

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