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Aus: Ausgabe vom 20.06.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Handelspolitik

China hält dagegen

Autohersteller der Volksrepublik fordern Strafzölle für Verbrennerimporte aus EU. Hiesige Branche unter besonderem Druck
Von Wolfgang Pomrehn
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Der Hersteller BYD hatte erst kürzlich seinen ersten Autofrachter in Bremerhaven andocken lassen

Geht der Streit um Strafzölle der EU auf chinesische E-Autos in die nächste Runde? Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch unter Berufung auf die chinesische Zeitung Global Times mitteilte, hat es kürzlich ein Treffen chinesischer Autohersteller gegeben, die ihre Regierung zu Gegenmaßnahmen gedrängt hätten. Die EU will ab dem 4. Juli – zunächst vorübergehend – die Zölle auf die Importe von Elektroautos aus der Volksrepublik drastisch anheben. Auf die bisherigen zehn Prozent sollen je nach Hersteller bis zu 38,1 Prozent draufgeschlagen werden – was die hiesige Branche kritisiert. Als Begründung werden von der EU-Kommission »unfaire Subventionen« in China herangezogen.

Laut Reuters pocht die chinesische Branche nun auf höhere Zölle auf benzinbetriebene Fahrzeuge aus der EU. Vermutlich rennen die chinesischen Hersteller damit in Beijing offen Türen ein. Die dortige Regierung hatte bereits angekündigt, die EU-Zölle kontern zu wollen. Als ersten Schritt hat das chinesische Handelsministerium, wie die Global Times am Dienstag berichtete, eine Untersuchung der EU-Schweineindustrie angekündigt. Dem könnte eine Anhebung der entsprechenden Zölle folgen. Laut EU-Kommissionen ist die Gemeinschaft nach China der weltweit größte Produzent von Schweinefleisch, wobei das Gros ihrer Ausfuhren in die Volksrepublik geht.

Die angedrohte Maßnahme ist sicherlich von chinesischer Seite als Nadelstich zu werten, der allerdings der hiesigen Massentierhaltung einen empfindlichen Schlag versetzen würde. Die Ankündigung erfolgte in Vorfeld eines Besuchs von Beijings stellvertretenden Premierminister Ding Xuexiang in Brüssel, wo am Dienstag der fünfte europäisch-chinesische Umwelt- und Klimadialog stattfand. Nach einem Bericht der in Hongkong erscheinenden South China Morning Post nutzte Ding die Gelegenheit, die Gastgeber auf »umfangreiche gemeinsame Interessen und (den) großen Raum für Zusammenarbeit« in Sachen Umbau der Industrie hinzuweisen. Elektroautos spielten in diesem Zusammenhang eine herausragende Rolle, aber die EU-Maßnahmen seien protektionistisch, »der grünen Transformation der EU nicht förderlich und unterminieren die globale Zusammenarbeit in der Bekämpfung des Klimawandels«.

China hat bereits frühzeitig in die Entwicklung von Elektroantrieben gesetzt. Dem lag die Erkenntnis zugrunde, dass der technologische Vorsprung der alten westlichen Konzerne auf dem Gebiet der Verbrennungsmotoren, wenn überhaupt, nur sehr schwer einzuholen sein würde. Entsprechend wurde die Entwicklung von E-Autos bereits 2001 in den seinerzeitigen Fünfjahresplan aufgenommen. Ab 2009 wurde in 25 »Pilotstädten« der Kauf von E-Autos subventioniert. Auch die Produktion wurde finanziell unterstützt. Der Erfolg ließ zunächst auf sich warten, bis Standards wie Mindestreichweiten eingeführt und schrittweise erhöht wurden.

Schließlich lockte man 2017 Tesla ins Land. Das Unternehmen hat heute seinen produktivsten Standort in Shanghai, wo es ebenfalls von der chinesischen Förderpolitik profitiert. Chinesischen Unternehmen sollte mit Tesla ein starker und erfahrener Konkurrent vor die Nase gesetzt werden, um den Wettbewerb zu stimulieren. Mit Erfolg. 2017 wurde eine Million E-Autos verkauft, 2023 9,5 Millionen, über 70 Prozent davon von chinesischen Herstellern. Nach neuesten Zahlen hatten im Mai 40 Prozent aller in China hergestellten Fahrzeuge, was auch Busse und Lkw einschließt, einen elektrischen Antrieb. Verbrennermotoren werden in China schon bald Geschichte sein. Für jene aus der EU könnte dies noch schneller der Fall sein.

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