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Aus: Ausgabe vom 24.06.2024, Seite 5 / Inland
Gesundheitspolitik

Akutes Apothekensterben

Bundesgesundheitsministerium bereitet Gesetz vor. Weitere Filialschließungen befürchtet
Von Gudrun Giese
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Die pharmazeutische Versorgungslage verschlechtert sich, auch in Großstädten (Dresden, 29.11.2023)

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) legt einmal mehr Axt an einen Zweig der Gesundheitsversorgung: Mit einem geplanten Gesetz will er das Apothekenwesen in der Bundesrepublik neu ordnen, berichtete am Freitag dpa.

Seit Jahren schließen immer mehr Apotheken. Ende März soll es nach Angaben der Branche noch 17.429 dieser Einrichtungen gegeben haben – 142 weniger als noch zum Jahresende 2023. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) macht dafür vor allem die angespannte finanzielle Lage verantwortlich, denn es habe lange keine Honorarerhöhungen gegeben. Minister Lauterbach brachte mit seinem gerade präsentierten Referentenentwurf für ein neues Gesetz zur Versorgungssicherheit mit Medikamenten die Branche neuerlich heftig gegen sich auf. Die Apothekerverbände warnten laut dpa vor einer »zerstörerischen Reform, die die Versorgung durch Apothekerinnen und Apotheker in der Apotheke vor Ort abschafft und Zehntausende Arbeitsplätze gefährdet«.

Das Gesundheitsministerium erkennt Handlungsbedarf insbesondere, um die flächendeckende Arzneimittelversorgung mittel- und langfristig zu sichern, heißt es im Referentenentwurf aus Lauterbachs Haus. So sollen Vorgaben zu den Öffnungszeiten, zur Gründung von Zweigstellen und zur Präsenz von Apothekern gelockert werden. Damit will Lauterbach das Apothekensterben stoppen, das nach Einschätzung des Ministeriums vor allem mit dem Mangel an Fachpersonal sowie mit der Abwanderung von Arztpraxen aus dem ländlichen Raum zusammenhänge. Der Bundesgesundheitsminister will mit seinem Gesetz die Standorte in den schlecht versorgten Regionen stärken und Neugründungen erleichtern. Helfen soll dabei etwa die Flexibilisierung der Öffnungszeiten. Bisher müssen Apotheken werktags von acht bis 18.30 Uhr, sonnabends von acht bis 14 Uhr den Zugang ermöglichen. Der Gesetzentwurf sieht variable Öffnungen über »sieben Stunden während der ortsüblichen Geschäftszeiten« vor, sonnabends lediglich in einer Spanne von vier Stunden.

Gestärkt werden sollen Filialverbünde aus einer Hauptapotheke, bis zu drei Filialen und maximal zwei »Zweigapotheken«. Sie alle sollen in einem größeren Umkreis liegen können als bisher und etwa in der Hauptstelle Prüfungen sowie die Herstellung von Medikamenten zentral übernehmen können. Dort, wo die Versorgung bisher ganz schlecht ist, soll es gelockerte Vorgaben für die Zweigapotheken geben, beispielsweise bei den Anforderungen an die Räume wie auch bei den Öffnungszeiten, die etwa nur vier Stunden täglich umfassen müssen. Ausgebaut werden soll die »Telepharmazie« mittels Videokontakt zu nicht vor Ort anwesenden Apothekern aus dem Verbund, die so auf digitalem Weg Beratungen sicherstellen sollen. Mindestens acht Stunden pro Woche solle die Apothekenleitung aber auch künftig persönlich anwesend sein.

Bei der Vergütung will Lauterbach vor allem Honoraranreize für unattraktive Standorte setzen. Außerdem sollen die Honorare gerechter verteilt werden, wozu eine Erhöhung des Zuschlags pro Medikament zu Notdienstzeiten gehört. Für die Notdienstvergütung will er so 50 Millionen Euro mehr jährlich bereitstellen. Ausgeweitet werden sollen die Möglichkeiten für Patienten, sich in einer Apotheke impfen zu lassen. Neben Impfungen gegen Covid-19 und Grippe könnten Apotheker auch Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Polio übernehmen. Der Gesetzentwurf soll in der zweiten Jahreshälfte in den Bundestag eingebracht werden, dürfte aber zuvor wegen des angekündigten Widerstandes der Branche noch viele Diskussionen auslösen.

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