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Aus: Ausgabe vom 27.06.2024, Seite 6 / Ausland
Süd-Süd-Kooperation

Boluarte in China

Peruanische De-facto-Präsidentin zu Staatsbesuch in Beijing. USA sind konsterniert
Von Volker Hermsdorf
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Die umstrittene peruanische Präsidentin Dina Boluarte (Lima, 5.4.2024)

Perus Putschistenregime gilt als einer der ergebensten Verbündeten Washingtons in Lateinamerika. Dort ist man deshalb »not amused«, dass sich De-facto-Präsidentin Dina Boluarte in Begleitung von gleich fünf Ministern ihres Kabinetts seit Dienstag zu einem offiziellen Staatsbesuch in China aufhält. Obendrein hat Staatspräsident Xi Jinping eine Einladung zum Gegenbesuch in Lima für kommenden November angenommen.

Außer am Gipfeltreffen der asiatisch-pazifischen Wirtschaftskooperation (APEC) will er dort auch an der Einweihung eines mit chinesischer Hilfe gebauten, 3,5 Milliarden US-Dollar teuren Megahafens in der 60 Kilometer südlich von Lima gelegenen Stadt Chancay teilnehmen. Die USA und die Europäische Union seien darüber und über den wachsenden chinesischen Einfluss in der Region »verärgert«, so Reuters am Mittwoch.

Die peruanische Regierung hofft, dass der zum »Seidenstraßen«-Projekt gehörende Hafen in Chancay zu einem Drehkreuz im südamerikanischen Pazifikraum wird. In Shanghai will Boluarte deshalb mit dem Präsidenten der Reederei Cosco Shipping, dem Hauptaktionär des Megahafens, zusammentreffen. China sehe in dem Projekt eine strategische Investition, der Hafen sei aber für beide Länder lebenswichtig, erläuterte Harold Forsyth, der ehemalige peruanische Botschafter in Beijing, gegenüber dem Nachrichtenportal RPP Noticias die Hintergründe der Reise.

»Wenn der Hafen von Chancay in Betrieb geht, wird sich die Transportzeit zwischen China und Lateinamerika erheblich verkürzen, wovon nicht nur Peru, sondern der gesamte Kontinent profitieren wird«, so Wang Youming vom »China Institute of International Studies« in der Global Times über die Bedeutung des Projekts. Er warnte zugleich vor dem Versuch der USA, »Zwietracht zwischen China und den lateinamerikanischen Ländern zu säen«. So habe sich die Befehlshaberin des US-Südkommandos, General Laura Richardson, kürzlich »besorgt« über den Hafen von Chancay geäußert und erklärt, er befinde sich auf der »20-Yard-Linie« (Indikator für eine vorteilhafte Angriffssituation im American Football, jW) der USA. In einem Bericht des US-amerikanischen Council on Foreign Relations wird der Hafen als ein von China unterstütztes maritimes Projekt bezeichnet, das auch für militärische Zwecke genutzt werden könnte.

Ungeachtet derartiger US-amerikanischer Warnungen weist Carlos Aquino von der peruanischen Universidad Nacional Mayor de San Marcos (UNMSM) gegenüber RPP auf den Bedarf an Infrastruktur, Straßen, Eisenbahnlinien und Unternehmen hin, die sich im Industriepark des neuen Hafens niederlassen könnten. Er erwarte deshalb, dass Boluarte auch die Verbindungen zu chinesischen Konzernen wie BYD, der mehr Elektroautos als Tesla produziere, Huawei und anderen globalen Marktführern vertiefe sowie Gespräche über ein neues Freihandelsabkommen zwischen beiden Ländern führe. Schließlich sei China nicht nur eine der größten Volkswirtschaften der Welt, sondern für Peru auch der wichtigste Handelspartner. Das dürfte auch im Interesse Beijings liegen, das die in Lateinamerika umstrittene Putschpräsidentin bei ihrem Besuch international aufwertet. Dina Boluarte wird außer von Präsident Xi Jinping auch von Premierminister Li Qiang und dem Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, Zhao Leji, empfangen.

Dem Regime und Boluarte kommt der Staatsbesuch gelegen, um von einer möglichen Anklage wegen Menschenrechtsverletzungen abzulenken. Am Dienstag hatten die Organisationen Internationale Föderation für Menschenrechte (FIDH) und Aprodeh dem Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag Unterlagen über den Tod von Demonstranten während der Unterdrückung von Antiregierungsprotesten in Peru in den Jahren 2022 und 2023 übergeben und den Gerichtshofs aufgefordert, eine Untersuchung einzuleiten. In China müsse Boluarte aber keine diesbezüglichen Fragen befürchten, da die Thematisierung der Menschenrechtssituation in anderen Ländern nicht der außenpolitischen Doktrin dieses Landes entspräche, kommentierte Exbotschafter Harold Forsyth gegenüber RPP.

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    Die führenden Politiker eines sich sozialistisch nennenden Landes empfangen eine Präsidentin, die sich an die Macht geputscht hat, Blut an ihren Händen trägt und ihr Volk weiter knechtet. China zeigt seinen Charakter. Weitere Worte erübrigen sich.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (27. Juni 2024 um 14:15 Uhr)
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