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Aus: Ausgabe vom 28.06.2024, Seite 4 / Inland
Bundespolizeibeauftragter

Einblick in den Kummerkasten

Polizeibeauftragter des Bundes legt Zwischenbericht vor. Viele Eingaben zu Diskriminierung
Von Marc Bebenroth
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Gedenkkundgebung für den von Beamten getöteten 16jährigen Mouhamed Dramé in Dortmund (19.11.2022)

Für die Bundespolizei gibt es seit mittlerweile 100 Tagen ein amtliches Frustventil. Am Donnerstag hat der Polizeibeauftragte des Bundes beim Deutschen Bundestag einen Zwischenbericht vorgelegt. Als erster Amtsinhaber präsentierte Ulrich Grötsch (SPD) in Berlin vor Journalisten das 22 Seiten lange Papier. Demnach gingen fast fünfmal so viele Eingaben aus der Bevölkerung wie aus der ehemaligen Grenzschutzbehörde bei Grötsch ein. Ihn erreichten laut Bericht 24 Bittschreiben von Beamten, vor allem zur hohen Arbeitsbelastung, den oft »heimatfernen« Grenzeinsätzen sowie Sexismus und Chauvinismus. »Sexismus gegenüber Frauen ist der absolute Großteil«, sagte Grötsch.

Derweil handeln die 109 Eingaben von Betroffenen häufig von mutmaßlichem Fehlverhalten durch Bundespolizisten, insbesondere Diskriminierung bei Kontrollen an Bahnhöfen, Flughäfen oder Grenzübergängen. Allerdings wüssten »besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen«, beispielsweise »Analphabet:innen, Obdachlose, Geflüchtete und Einkommensschwache«, nicht, dass sie sich mit Beschwerden über die Bundespolizei seit 15. März an Grötsch wenden können. »Auch ich sehe hier ein Problem«, schreibt er.

Mehrere Hinweise erreichten ihn demnach zu Polizeieinsätzen, bei denen Beamte Menschen mit ihrer Dienstwaffe töteten. Der Polizeibeauftragte glaube »angesichts der Häufung der Fälle«, dass es sich um »ein strukturelles Problem handeln könnte«. Grötsch hält »eine Sensibilisierung« durch »vermehrte Schulungen innerhalb der Polizei« für Einsätze mit Personen in psychologischen Ausnahmezuständen »für notwendig«.

Der Bericht nennt ausgewählte Beispiele für Fälle mutmaßlich rassistisch motivierter Polizeikontrollen, sogenanntes Racial Profiling. So sei ein Mann an einem Flughafen aus seiner dienstlichen Reisegruppe als einziger herausgegriffen und nach seinen Papieren befragt worden. Eine weitere Zuschrift habe geschildert, wie in einem grenzüberschreitenden Zug nichtweiße Passagiere von Bundespolizisten nur mit »IDs!« adressiert wurden. Überprüft werden derzeit laut Grötsch die Eingabe zu einer Zugfahrt, bei der ein Bundespolizist mit einer mutmaßlichen Neonazitätowierung auf dem rechten Oberarm gesichtet worden sei sowie die Meldung einer Parlamentarierin, die einen Bundespolizist als Mitglied einer Neonazigruppierung wiedererkannt haben will.

Auf Nachfrage erklärte der Polizeibeauftragte gegenüber den Journalisten, dass sich bislang noch niemand als Whistleblower bei ihm gemeldet habe. Ein Grund: Grötschs Amt verfüge noch nicht über die technischen Möglichkeiten, die es Beamten erlauben, auf geschütztem Weg interne Missstände zu melden.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (27. Juni 2024 um 22:41 Uhr)
    Nach umfänglicher Recherche habe ich herausgefunden, dass man »IDs« als »Ausweise« (Identity Documents) interpretieren kann. Glücklicherweise ist im Artikel ein Verweis auf das Originaldokument und man kann »adressiert« als falsche Übersetzung von »ohne Ansprache« identifizieren. Wo sind die Germanisten in der jW-Redaktion? Oder gibt es dort nur noch Pseudoanglizisten?