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Aus: Ausgabe vom 28.06.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Klimakrise in Indien

Kreditrisiko Klima

Ratingagentur Moody’s könnte Indien wegen Wasserknappheit herabstufen
Von Wolfgang Pomrehn
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Für die indische Landbevölkerung sind die Gefahren von Dürre und Überschwemmung wohl dennoch das drängendere Problem

Die internationale Ratingagentur Moody’s warnt vor großen ökonomischen Risiken in Indien aufgrund des Klimawandels. Besonders die Wasserknappheit könne zu einem Problem werden, das auch die Kreditwürdigkeit des Landes beeinträchtigen dürfte, wie etwa The Hindu am Dienstag berichtete. Betroffen seien laut Moody’s zum einen wichtige Industriezweige wie die Stahlindustrie und die Kohlekraftwerke und zum anderen die Landwirtschaft, die das Wasser zur Bewässerung brauche. Ursachen für die abnehmende Verfügbarkeit von Wasser seien hohe Verbrauchsraten in Folge raschen Wirtschaftswachstums sowie zunehmend extreme Wetterereignisse.

Die Agentur geht davon aus, dass Ernteausfälle aufgrund von Dürren zu Inflation und sozialen Unruhen führen könnten, zumal noch rund 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt seien. Unter all dem würde nicht nur die Kreditwürdigkeit des Staates, sondern auch wasserintensiver Branchen wie der Stahl- und Kohleindustrie leiden.

Indien war in diesem Jahr bereits im Mai von einer schweren Hitzewelle getroffen worden, so früh wie selten zuvor. In Neu-Delhi wurde mit 49,9 Grad Celsius Ende des Monats eine neue Rekordtemperatur gemessen. Im nördlichen Bundesstaat Uttar Pradesh starben 33 Wahlhelfer in der Hitze und auch aus anderen Orten wurden Dutzende weitere Hitzetote gemeldet. Dabei sind derlei Meldungen meist nur die Spitze des Eisberges. Da viele Hitzetode oft nicht als solche erkannt werden, lässt sich für gewöhnlich erst einige Wochen später in den Sterbestatistiken ablesen, wie hoch die Zahl der Todesopfer war.

Die Hitze setzt vor allem Kindern, Alten und Menschen zu, die im Freien arbeiten müssen und keine Möglichkeit haben, klimatisierte Räume aufzusuchen. Gleichzeitig verschärfen sie ohnehin vorhandene Probleme mit der Wasserversorgung. In Neu-Delhi drehten die Menschen in einigen Stadtteilen in den vergangenen Wochen die Wasserhähne oft vergeblich auf. Der die Stadt versorgende Fluss Yamuna führt zu wenig Wasser, und die städtische Regierung wirft dem benachbarten Bundesstaat Haryana vor, zu viel Wasser für die Bewässerung abzuzweigen.

Derweil berichten verschiedene Zeitungen, dass Indiens Bundesregierung schon für die nächsten Jahre von zunehmender Wasserknappheit ausgeht. Langfristig könnten die schwindenden Gletscher im Himalaja zum Problem werden, die alle großen Flüsse Ost- und Südostasiens speisen. 2019 war eine Studie zu dem Schluss gekommen, dass bis zum Ende des Jahrhunderts zwei Drittel der Eismasse auf dem sogenannten Dach der Welt verschwinden könnte, wobei weitere Untersuchungen im vergangenen Jahr zeigten, dass der Eisschwund sogar unterschätzt wurde.

Bisher sorgt das tauende Eis im Sommer nämlich für einen kontinuierlichen Zufluss, zu dem die Niederschläge hinzukommen. Sind die Gletscher einmal weg, dann hängt der Wasserstand in den Flüssen Indus, Brahmaputra, Ganges, Irawadi, Mekong, Jangtse und Huang He nur noch vom Schneefall des Vorjahres und den jeweiligen Niederschlägen ab. Die Folgen bekämen fast drei Milliarden Menschen zu spüren.

Insbesondere in Südasien könnten Regenfälle unzuverlässiger und vielleicht auch insgesamt spärlicher werden. Auf dem Subkontinent muss mit einer Abschwächung der dortigen Monsunzirkulation gerechnet werden, die bisher noch den meisten Niederschlag bringt. Monsun wird dadurch angetrieben, dass über einer großen warmen Landmasse die erwärmte Luft aufsteigt und am Boden Luft von den benachbarten Meeren angezogen wird. Maßgeblich für dessen Antrieb ist der Temperaturunterschied zwischen dem kühleren Meer und dem sich im Sommer besonders schnell erwärmenden Land. Doch mit der globalen Erwärmung steigt auch die Temperatur des Indischen Ozeans, wodurch sich die Temperaturdifferenz und damit die Monsunniederschläge tendenziell abschwächen.

Indien und seine Nachbarländer müssen im Klimawandel also einerseits mit schweren Hitzewellen rechnen, die nicht nur für Menschen, Tiere und Ernten verheerend sein können und zu mehr Verdunstung führen, sondern auch mit unzuverlässiger werdenden Niederschlägen, die mal ausbleiben und mal besonders stark ausfallen.

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