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Aus: Ausgabe vom 28.06.2024, Seite 14 / Medien
Kürzungskurs beim SWR

Kein Spaß beim SWR

Südwestrundfunk kündigt großangelegte »Sparmaßnahmen« an. Anstelle von Planstellen wird Immobilienbestand zusammengestrichen – vorerst
Von Kristian Stemmler
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Der Sender will zunächst im Immobilienportfolio und Programm kürzen: Stellenstreichungen nicht ausgeschlossen

Streiche mit versteckter Kamera werden die Fernsehzuschauer künftig wohl nur noch dreimal im Jahr im Ersten genießen können. Dass zwei der bisher fünf Ausgaben der in die Jahre gekommenen Show »Verstehen Sie Spaß?« mit Barbara Schöneberger gestrichen werden, ist ein Punkt eines umfangreichen Kürzungspakets, das der Südwestrundfunk (SWR) am Montag vorgelegt hat. Geplant seien »Einschnitte in Verwaltung, Produktion, Infrastruktur und Programm« und der Verkauf diverser Immobilien, hieß es in einer Mitteilung des Senders. In den nächsten vier Jahren sollen demnach rund 280 Millionen Euro – pro Jahr rund 70 Millionen Euro – eingespart werden.

Zur Begründung verweist der SWR darauf, dass die Rundfunkgebühr zum Jahreswechsel lediglich um 54 Cent steigen solle, also um 0,8 Prozent. Diese von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) empfohlene Erhöhung decke die »deutlich höheren Kostensteigerungen« nicht ab. Aus demselben Grund haben in den vergangenen Wochen bereits mehrere ARD-Sender, so der Mitteldeutsche, der Saarländische und der Hessische Rundfunk (MDR, SR und HR) umfassende Sparpläne vorgelegt.

Der Rotstift soll zuerst bei den Immobilien angesetzt werden. Der SWR trenne sich von Immobilien, die »sanierungsbedürftig, ineffizient oder nicht mehr unbedingt erforderlich sind«, so die Mitteilung. Unter anderem sollen das eigenständige SWR3-Studio in Mannheim geschlossen sowie drei SWR-Lager komplett geräumt und verkauft werden, wie dpa berichtete. Der Sender habe sich bereits von mehreren Liegenschaften in Baden-Baden getrennt. Dichtgemacht werden auch die verbliebenen Autowerkstätten in Mainz und Stuttgart, ebenso die Hausdruckerei in Stuttgart. Man ziehe die Aktivitäten am Druckereistandort Baden-Baden zusammen.

as Angebot solle »gestrafft« werden, um »auf den wachsenden finanziellen Druck und den Wandel der Mediennutzung zu reagieren«. Wie bei anderen Sendern will auch der SWR mehr auf Bedürfnisse jüngerer Zielgruppen eingehen, die Inhalte eher im Internet oder in Mediatheken abrufen. SWR-Intendant Kai Gniffke erklärte: »Wir müssen mehr tun für Menschen, die nicht vor dem Fernseher sitzen.« So soll es von »Verstehen Sie Spaß?« verstärkt exklusive Clips in der ARD-Mediathek und auf Plattformen wie Youtube geben.

Ganz eingestellt werden soll unter anderem die Literatursendung »Lesenswert« und die dazugehörige Talkrunde »Lesenswert Quartett« mit dem Literaturkritiker Denis Scheck, ebenso die Sendung »Mathias Richling Show«. Mit Comedian Richling sind statt dessen ein Podcast und eine Fortführung des Youtube-Formats »Richling Backstage« geplant. Statt »Umzug Deutsches Weinlesefest«, »Rhein in Flammen« sowie das »Seenachtsfest« will sich der Sender vor allem auf die Erfolgsmarken »Nachtcafé«, »Sag die Wahrheit« und den »Schlagerspaß«, aber auch auf Formate wie die neu gestartete »Comedy-Scheune« konzentrieren.

Bei Festivals und Events will sich der SWR grundsätzlich neu aufstellen. So wird ab 2025 das »SWR Dokufestival« nicht mehr stattfinden, jedoch soll der Deutsche Dokumentarfilmpreis weiterhin vergeben und die Förderung des jungen Dokumentarfilms unverändert fortgesetzt werden. Außerdem wird die Veranstaltungsreihe »SWR live!« beendet. Bereits bekanntgegeben wurde das Ende des »SWR3 Comedy Festivals« zum kommenden Jahr.

Entlassungen soll es laut Mitteilung nicht geben. Man werde die »demographische Entwicklung« in den nächsten Jahren nutzen, um den notwendigen Umbau »sozialverträglich« zu gestalten. »Der SWR ist und bleibt ein zuverlässiger Arbeitgeber«, heißt es dazu. Aktuell gibt es beim zweitgrößten ARD-Sender nach dem WDR rund 3.600 Festangestellte. Die KEF gibt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schon länger eine Reduzierung des Personals um 0,5 Prozent vor. Das wären rein rechnerisch beim SWR innerhalb einer Beitragsperiode von vier Jahren 72 Planstellen. Gniffke erklärte, es könne gut sein, »dass wir darüber hinaus kommen«.

Bei allen Planungen gibt es für den SWR wie für die anderen öffentlich-rechtlichen Medienhäuser noch einen Vorbehalt. Sie können momentan nicht fest davon ausgehen, dass der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2025 auf 18,94 Euro steigt. Einige Ministerpräsidenten stemmen sich gegen eine Erhöhung.

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