Ruhe nach Palaststurm
Von Anton Flaig![IA-POLITICS.JPG](/img/450/196680.jpg)
Nach dem gescheiterten Staatsstreich vom Mittwoch hat sich die Lage in Bolivien am Donnerstag wieder beruhigt. So sieht es jedenfalls Präsident Luis Arce von der Bewegung zum Sozialismus (MAS), der in einer Ansprache aus seinem Amtssitz laut Sender Telesur mitteilte: »Wir wollen die Bevölkerung darüber informieren, dass sich alles wieder normalisiert hat.« Zugleich beklagte Arce, dass durch die jüngsten Ereignisse »Zeit verloren« worden sei. »Dies hat Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit, die das wichtigste Anliegen unserer Bevölkerung ist.« Er betonte, dass an diesem Problem gearbeitet werde und entsprechende Maßnahmen ergriffen worden seien.
Am Mittwoch abend hatte Arces Regierung mit Zehntausenden Demonstranten den Sieg über die Umstürzler gefeiert. Am frühen Nachmittag hatten Soldaten unter dem Kommando des Generals Juan José Zúñiga mit Panzern das Regierungsviertel in La Paz besetzt und auch den Präsidentenpalast gestürmt. Allerdings fanden sie keine Unterstützung. Schon am Abend wurde Zúñiga festgenommen, als er der Presse ein Interview geben wollte. Auch Vizeadmiral Juan Salvador, Exoberbefehlshaber der Streitkräfte, wurde am Mittwoch inhaftiert. Die an dem versuchten Putsch beteiligten Truppen zogen sich in ihre Kasernen zurück, nachdem Arce einen neuen Oberbefehlshaber ernannt hatte. Am Donnerstag landete ein ganzes Dutzend weiterer Militärs hinter Gittern.
Die Arce-Regierung konnte die Kontrolle über Teile des Militärs und die Polizei behalten, weil sie mit der MAS eine korporatistische Massenbewegung hinter sich hat, die sich spontan mobilisieren ließ. Allerdings ist die MAS derzeit in zwei Lager geteilt: das des aktuellen Präsidenten Luis Arce und das von Exstaatschef Evo Morales. 2025 sind Neuwahlen, und die MAS hat nur geeint gute Chancen zu gewinnen. Der Putschversuch hat die beiden Fraktionen für einen Tag zusammengeführt. Ob die Einheit anhält, ist unklar. Morales und Arce wollen beide für das Amt des Präsidenten kandidieren, was bereits jetzt zu einem schmutzigen Machtkampf geführt hat.
Großes Kino für kleines Geld!
75 Augaben für 75 €
Leider lässt die Politik das große Kino vermissen. Anders die junge Welt! Wir liefern werktäglich aktuelle Berichterstattung und dazu tiefgründige Analysen und Hintergrundberichte. Und das zum kleinen Preis: 75 Ausgaben der gedruckten Tageszeitung junge Welt erhalten Sie mit unserem Aktionsabo für nur 75 €!
Nach Ablauf endet das Abo automatisch, Sie müssen es also nicht abbestellen!
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Martin M. aus Paris (28. Juni 2024 um 21:46 Uhr)Ungeklärt bleibt jedoch weiterhin, inwiefern die Regierung in den sog. Putsch verwickelt ist. Bereits kurz danach gab es in mehreren lateinamerikanischen Medien kritische Kommentare. Diese Artikel können z. B. mit Deepl übersetzt werden. https://www.eldiarioar.com/mundo/gano-perdio-despues-dia-intentona-golpista-frustrada-bolivia_129_11481379.html https://www.pagina12.com.ar/747578-crece-la-teoria-del-autogolpe
- Antworten
Mehr aus: Ausland
-
»An dieser Auflösung jetzt ist alles falsch«
vom 29.06.2024 -
Gegen Landraub
vom 29.06.2024 -
EU-Spitzenposten verteilt
vom 29.06.2024 -
Israel in der Krise
vom 29.06.2024 -
Frankreich vor Richtungswahl
vom 29.06.2024 -
EU-Beitrittsgespräche gestoppt
vom 29.06.2024 -
»Derzeit haben wir über 80 laufende Prozesse«
vom 29.06.2024