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Aus: Ausgabe vom 29.06.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Ausweisung per Emoji

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Social Media steht unter Beobachtung

Der Deutsche Anwaltverein kritisierte am Freitag den Kabinettsentwurf der Bundesregierung für Abschiebungen nach Social-Media-Likes:

Die Bundesregierung will mit Ausweisungen gegen Ausländer vorgehen, denen Terrorverherrlichung vorgeworfen wird. Ein entsprechender Gesetzentwurf, den das Kabinett beschlossen hat, wertet bereits Likes in sozialen Netzwerken als Terrorverherrlichung.

»Dass schon ein unbedacht verteiltes Emoji zur Ausweisung führen soll, ist nicht verhältnismäßig«, meint Rechtsanwältin Gisela Seidler, Vorsitzende des Ausschusses Migrationsrecht des Deutschen Anwaltvereins. Es sei kaum nachvollziehbar, dass nach dem debattierten Gesetzentwurf schon ein Like auf Instagram oder Facebook eine Verbreitung terroristischer Inhalte konstituieren soll. »Die Beurteilung, was als ›Terrorismusbefürwortung‹ zählt, kann nicht den Ausländerbehörden überlassen werden«, stellt die Ausschussvorsitzende klar. Dies müsse den Strafgerichten vorbehalten bleiben – schließlich ginge es hier auch um die Grenzen der Meinungsfreiheit. Bei einer Verurteilung sei bereits jetzt eine Ausweisung möglich.

»Das Netz ist schnelllebig. Likes sind dort schnell verteilt, auch wenn man den Post vielleicht gar nicht in seiner Gesamtheit betrachtet hat«, führt die Rechtsanwältin aus. Erst kürzlich stand die Präsidentin der TU Berlin wegen eines solchen Falls in der Kritik, nachdem sie einen Text geliked hatte, dabei aber laut eigener Aussage das angehängte antisemitische Foto übersah. »Menschen wegen eines falsch gesetzten ›Daumen hoch‹ auszuweisen, wäre rechtsstaatlich bedenklich«, fasst Seidler zusammen. Die Regierung schieße hier deutlich übers Ziel hinaus und mische erneut Gefahrenabwehrfragen in thematisch völlig andere Gesetzesvorhaben.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland erklärte am Freitag zur Debatte um das Staatsangehörigkeitsrecht:

»Nach jahrzehntelangen Bemühungen und intensiven letzten zwei Jahren, tritt das neue Staatsangehörigkeitsrecht endlich in Kraft«, sagt Gökay Sofuoğlu, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland e. V. »Das Gefühl vieler Bürger*innen, mehrere Heimaten und Zugehörigkeiten zu haben, manifestiert sich zukünftig endlich in Form von zwei Pässen. Gerade für die türkeistämmige Bevölkerung ist das ein Akt der Anerkennung ihrer Lebensrealität und auch der Wertschätzung ihrer Leistungen in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Um so mehr trifft mich die erneute pessimistische Debatte, in der so getan wird, als gäbe es fortan irgendwas geschenkt für Menschen, die sich hier nicht anstrengen würden. Als würde die Gesellschaft nun etwas verlieren. Vielfalt ist die Zukunft Deutschlands. Das ist unabwendbar. Wir haben mit der Entwicklung einer Willkommenskultur so lange gewartet, dass wir heute kaum konkurrenzfähig sind, im Kampf um die Menschen, die überall gebraucht werden. Es ist traurig, wie wenig Politiker*innen eine Idee zur Gestaltung dieser Zukunft in Vielfalt haben. Wir brauchen Politiker*innen, die optimistisch unsere Zukunft gestalten, mit Vertrauen in die Menschen, die es richten sollen, ob sie nun schon hier sind oder erst zu uns kommen.«

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