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Aus: Ausgabe vom 01.07.2024, Seite 6 / Ausland
Kurdischer Freiheitskampf

Vor der Sommeroffensive

Irak: Türkei zieht Truppen in Kurdistan-Region zusammen. Guerilla schlägt mit Drohnen zu
Von Tim Krüger
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Durch Petrodollars verbunden: Der kurdische Präsident Nêçîrvan Barzanî empfängt den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Erbil (22.4.2024)

Nachdem die türkische Armee Ende April einen weiteren Vorstoß in die türkisch-irakische Grenzregion unternommen hatte, scheint eine umfassende Ausweitung dieser Bodenoperationen unmittelbar bevorzustehen. So begannen die türkischen Streitkräfte ab dem 22. Juni mit einer Truppenverlegung in das Gebiet um die Stadt Amedîye in der Autonomen Region Kurdistan. Die ortsansässige Nichtregierungsorganisation Community Peacemaker Teams (CPT) spricht von mindestens 300 Panzerfahrzeugen und 1.000 Soldaten, die in den vergangenen Tagen in der Region Barwaî Bala Stellung bezogen haben. Seit April intensivierte Bombardierungen aus der Luft sowie die aktuellen Truppenkonzentrationen lassen den Schluss zu, dass sich die drohende türkische Sommeroffensive gegen das Garê-Gebirge richten wird. Bereits im Februar 2021 war das als wichtiger Stützpunkt der PKK-Guerilla geltende Bergmassiv Ziel einer gescheiterten Luftlandeoperation.

Durch die fortgesetzten Luft- und Artillerieangriffe der Türkei sind in den vergangenen Jahren bereits hunderte Dörfer in der Kurdistan-Region entvölkert worden. Akut seien etwa 600 weitere Dörfer bis zu 40 Kilometer südlich der türkischen Staatsgrenze bedroht, berichtete der Journalist Baran Germiyanî am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya.

Die türkische Armee hat inzwischen laut lokalen Quellen zahlreiche Kontrollposten entlang der Verbindungsstraßen zwischen Städten und Dörfern in der Kurdistan Region errichtet, an denen sie Ausweis- sowie Fahrzeugkontrollen durchführt. Das Verteidigungsministerium in Ankara dementierte dies zwar. Doch am 28. Juni hatte ein Reporter des US-Senders Voice of America Videoaufnahmen veröffentlicht, die einen solchen Checkpoint zeigen sollen. Zu sehen sind auch dort ausgegebene Handzettel, in denen die Bevölkerung zur Kooperation mit der türkischen Armee aufgefordert wird. Dass offenbar fremde Truppen bis zu 35 Kilometer tief auf irakischem Territorium Ausweise irakischer Bürger kontrollieren, hat in sozialen Medien für einen Aufschrei gesorgt. Doch weder die von der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) geführte kurdische Regionalregierung in Erbil noch die irakische Zentralregierung in Bagdad äußerten sich bisher dazu.

Der Dachverband der kurdischen Befreiungsbewegung, die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), warnte in der vergangenen Woche, »dass die türkische Besatzung dauerhaft ist und schließlich in eine Annexion übergeht«. Die KCK kritisierte, dass die Angriffe offenbar mit »Wissen und Genehmigung« Erbils sowie Bagdads erfolgten und rief die Bevölkerung Kurdistans und des Iraks dazu auf, »sich gegen die Besatzung durch den türkischen Staat zu wehren.« Auch die schiitische Miliz »Faylaq al-Wa’ad al-Sadiq«, die dem vom Iran unterstützten Bündnis »Islamischer Widerstand« Irak zuzurechnen ist, beschuldigte am 25. Juni, »die brutalen türkischen Streitkräfte«, die »Bevölkerung zu terrorisieren« und bei einem »barbarischen Angriff« mehrere Dörfer besetzt zu haben. Die Miliz, die in der Vergangenheit vor allem durch Angriffe auf US-amerikanische Ziele im Irak und Syrien in Erscheinung getreten ist, forderte den sofortigen Abzug der türkischen Truppen und erklärte ihre Bereitschaft, die Besatzer aus dem Irak zu vertreiben.

Die fortschreitende Technologisierung des Krieges macht auch vor den Bergen Kurdistans keinen Halt. So veröffentlichte die Pressestelle der Volksverteidigungskräfte HPG – der offizielle Name der PKK-Guerilla – am Sonnabend auf dem Kanal Gerîla TV Aufnahmen, die 16 mit Drohnen durchgeführte Luftangriffe auf türkische Militärstützpunkte in der Kurdistan-Region dokumentieren sollen. Dabei seien mindestens sechs Besatzungssoldaten getötet und die Armeeposten »in großem Ausmaß verwüstet« worden. »Der mit professionellen Teams im Gelände und unterirdisch erfolgreich geleistete Widerstand ist durch eine taktische Offensive auf den Luftraum Kurdistans ausgeweitet worden«, rühmte die HPG ihre Fähigkeiten. Bereits seit letztem Jahr gelang es der Guerilla, ihrerseits eine Reihe bewaffneter türkische Drohnen mit Flugabwehrraketen zu zerstören.

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