75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 06. / 7. Juli 2024, Nr. 155
Die junge Welt wird von 2836 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 27.06.2024, Seite 10 / Feuilleton
Jazz in der jW-Maigalerie

Eine persönliche Sache

Hannes Zerbe, Heide Bartholomäus und Jürgen Kupke zeigen in der Maigalerie der jungen Welt in Berlin, wie jazzig Bertolt Brecht ist
Von Gisela Sonnenburg
imago0093334088h.jpg
»Brecht muss man spielen, erzählen, singen« – Heide Bartholomäus

Bertolt Brecht war ein musikalischer Mensch. Seine Gedichte inspirierten zahlreiche Komponisten, seine »Dreigroschenoper« eroberte die Weltkultur. Der Dichter hatte in jeder Phase seines Lebens eine enge Beziehung zu Melodie und Rhythmus. Die Berliner Jazz-Koryphäe Hannes Zerbe weiß das. Und weil Zerbe als Kurator monatlich die Reihe »jW geht Jazz« in der Maigalerie der jungen Welt in Berlin-Mitte ausrichtet, heißt es dort am kommenden Dienstag: »Brecht und Jazz«. Keine theoretische Abhandlung, sondern das Konzert ist so betitelt. Spritziges und Witziges, Tiefsinniges und Geistreiches wird zu hören sein.

Die Schauspielerin und Sängerin Heide Bartholomäus, vielen aus dem einen oder anderen »Tatort« oder einem anderen Fernsehfilm bekannt, wird singen. Vergangenes Jahr realisierte sie nämlich mit Hannes Zerbe am Piano das CD-Projekt »Wie es war – wie es ist. Brecht und Jazz«. Aber die beiden waren nicht allein. Ohne den Klarinettisten Jürgen Kupke würde ihnen etwas fehlen. Dem Publikum auch. Als Trio kreierten sie ihren speziellen Sound.

Die Grundstimmung ist keineswegs oberflächlich, smart oder gar dekadent. Sondern: »besinnlich-verhalten«, wie Hannes Zerbe es beschreibt. Trotzdem swingt, groovt, eben jazzt es. Es geht ja darum, den vielseitigen Bert Brecht mittels Musik neu zu entdecken. Dabei sind nicht nur die Emotionen gefragt, sondern auch der klare Verstand. Heide Bartholomäus, die sich bei der Auswahl der Texte Brechts für das Projekt so ihre Gedanken machte, meint: »Brecht brauchen wir. Brecht muss man spielen, erzählen, singen. Er geht mich persönlich was an.«

Mit entschiedener Stimme bringt sie ein Beispiel: »Ich will nicht nachdenken, ob er mich liebt. Ich will nicht wissen, ob er mich liebt. Ich will mit ihm gehen, den ich liebe.« Das ist die typische weibliche Konsequenz, die da spricht, so, wie Brecht sie sich wünschte. Liebe bis zur Selbstaufgabe. Shen Te in »Der gute Mensch von Sezuan« spricht so. Aber auch im Exil, in dem Brecht sich ab März 1933 wegen des Naziterrors befand, spielte die bedingungslose weibliche Liebe für den ehrgeizigen Poeten eine lebensrettende Rolle. Die Sehnsucht nach dem vertrauten Land blieb dennoch.

»Ich werde nicht mehr sehen das Land, aus dem ich gekommen bin« – so beschreibt der in Augsburg aufgewachsene Brecht lyrisch die Wehmut, die ihn beschlich, wenn er fern der Heimat an die Lieblichkeit bayerischer Dörfer dachte. Hanns Eisler komponierte die beklemmend-aufrüttelnde Musik dazu.

Die pfeffrige Jazznote des Abends wird derweil nicht zu überhören sein. Auch nicht beim Wechsel der Tonlage: »Lasst euch nicht verführen, es gibt keine Wiederkehr.« So eine Ermahnung gehört auch zum breiten Repertoire Brechts. Die frühe Ahnung der Verbrechen der Faschisten prägte sein Werk. Tatsächlich gehörte er zu den ersten Kreativen, die von Hitlers Schergen rigoros verfolgt wurden. Ein Grund mehr, ihn immer wieder zu ehren, auch in musikalischer Hinsicht.

Hannes Zerbe, Heide Bartholomäus und Jürgen Kupke: »Brecht und Jazz« in der Reihe »jW geht Jazz« am 2. Juli 2024 in der Maigalerie der Tageszeitung junge Welt, Torstr. 6, 10119 Berlin. Beginn: 19.30 Uhr, Eintritt: 10 Euro (ermäßigt 5 Euro). Um Anmeldung wird gebeten: 030/53 63 55 54 oder maigalerie@jungewelt.de

Großes Kino für kleines Geld!

75 Augaben für 75 €

Leider lässt die Politik das große Kino vermissen. Anders die junge Welt! Wir liefern werktäglich aktuelle Berichterstattung und dazu tiefgründige Analysen und Hintergrundberichte. Und das zum kleinen Preis: 75 Ausgaben der gedruckten Tageszeitung junge Welt erhalten Sie mit unserem Aktionsabo für nur 75 €!

Nach Ablauf endet das Abo automatisch, Sie müssen es also nicht abbestellen!

Ähnliche:

Regio:

Mehr aus: Feuilleton