75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. September 2024, Nr. 221
Die junge Welt wird von 2939 GenossInnen herausgegeben
75 Ausgaben junge Welt für 75 € 75 Ausgaben junge Welt für 75 €
75 Ausgaben junge Welt für 75 €
Aus: Ausgabe vom 02.07.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

»Zeitenwende« sorgt für Hochkonjunktur bei Waffenhersteller

imago0582721963h.jpg

In einer Pressemitteilung der Kritischen Aktionär*innen zur Hauptversammlung der Heckler & Koch AG am 2. Juli heißt es:

Anlässlich der Hauptversammlung der Heckler & Koch AG kritisiert das »Bündnis der Kritischen Aktionär*innen Heckler & Koch«, dass sich der Vorstand durch die sogenannte Zeitenwende in der Ausweitung von Produktion und Vertrieb todbringender Schusswaffen legitimiert sieht. Am Dienstag findet um 8.30 Uhr eine Protestkundgebung in Rottweil, Neckartal 102, nahe dem Hauptversammlungsort Pulverfabrik statt.

»Im bewaffneten Konflikt in Zentralafrika benutzten und benutzen Rebellen der Lord’s Resistance Army (LRA) u. a. das G3-Gewehr von Heckler & Koch«, sagt Jürgen Grässlin, Bundessprecher der DFG-VK und Vorsitzender des Rüstungsinformationsbüros (RIB). »Der frühere Kindersoldat Innocent Opwonya, der von der LRA zwangsrekrutiert wurde und später fliehen konnte, bestätigt, dass er mit einem G3-Gewehr von H&K zum Kämpfen gezwungen wurde. Er setzt sich jetzt zusammen mit Terre des hommes Deutschland, der ­DFG-VK, dem Rüstungsinformationsbüro und anderen gegen den Einsatz von Kindersoldat*innen und gegen den Export von Kleinwaffen ein.«

»Die starke Verbreitung von Waffen in den USA fordert Tausende von Menschenleben und gefährdet die Demokratie«, bemerkt Verena Nerz von Pax Christi. »Heckler & Koch beliefert diesen Markt bzw. lizenzierte Waffenhändler und generiert dort einen hohen Teil seiner Umsätze. Dies widerspricht der Maxime des Unternehmens, ›der Sicherung nachhaltigen Friedens‹ und ›nachhaltiger Schaffung bzw. Erhaltung innerer und äußerer Sicherheit‹ dienen zu wollen.«

Die »Kritischen Aktionär*innen Heckler & Koch« fordern auch eine Änderung der Exportstrategie der Waffenfirma. Die Strategie, nach der Heckler & Koch »grundsätzlich (…) nur Staaten (beliefert), die der Europäischen Union und/oder der NATO angehören oder NATO-gleichgestellt sind«, lässt weiterhin Ausnahmemöglichkeiten zu. Auch ausgewählte Sicherheitspartner Deutschlands können demnach als »grün« gelten. Darunter fiel im vergangenen Jahr beispielsweise Singapur. Der südasiatische Stadtstaat ist den meisten zentralen Menschenrechtsverträgen nicht beigetreten.

Im September 2023 hat die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte eine Studie zur Firmengründung von Heckler & Koch präsentiert. Der Vorstand reagierte erleichtert, weil der Firmengründer Edmund Heckler im sächsischen Taucha in einem Werk gearbeitet haben soll, in dem es keine KZ-Häftlinge gab, sondern »nur« zivile Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter. »Doch auch zivile Zwangsarbeit war ein NS-Verbrechen«, gibt Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, zu bedenken. So sagte der Historiker Martin Clemens Winter, der zur Rolle des Leipziger Rüstungsunternehmens Hugo Schneider AG (Hasag) im Nationalsozialismus forscht, dass ›generell die ganze Rolle der Hasag zu wenig beachtet werde: Diese Firma hat Munition für den deutschen Vernichtungskrieg produziert, die auch bei Massenerschießungen von Jüdinnen und Juden in Osteuropa eingesetzt wurde, und war dringend notwendig für Nazideutschland, um diesen Krieg zu führen‹. Edmund Heckler war ein Karrierist, der im Kontext von Massenvernichtung und Zwangsarbeit Karriere gemacht hat.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:

Ähnliche: