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Aus: Ausgabe vom 02.07.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Abfallwirtschaft

Malaysia will kein »Mülleimer« sein

Schärfere Gesetze gegen Elektroschrott aus dem Westen, erste härtere Kontrollen
Von Thomas Berger
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»Haupteinfallstor für den Müll«: Hafen von Klang im Bundesstaat Selangor

Die illegale Entsorgung von Elektroschrott aus dem Westen taucht in Malaysia häufiger in den Nachrichten auf. Zuletzt mit einer Dreimonatsbilanz: 106 Container voller E-Waste beschlagnahmten die Zollbehörden des südostasiatischen Landes zwischen 21. März und 19. Juni. Das teilte Umweltminister Nik Nazmi Nik Ahmad am vergangenen Mittwoch der Presse bei einem Arbeitsbesuch im Hafen von Klang im Bundesstaat Selangor mit. Der größte Seehafen des Landes ist auch das Haupteinfallstor für den Müll. 195 weitere Container harrten noch einer näheren Untersuchung, so Nik Ahmad, es handle sich wohl aber nur um metallische Abfälle.

Ein Großteil der illegalen Fracht stammt aus den USA und Europa. »Unglücklicherweise glauben viele Offizielle in diesen Staaten, ihr E-Waste werde unter umweltfreundlichen und ethischen Aspekten aufbereitet, ohne zu erkennen, dass er in Wahrheit zur Verarbeitung in Entwicklungsländer verschickt wird«, wurde Nik Ahmad in der Tageszeitung The Star zitiert. »Viele dieser Container werden unter verschiedenen Kategorien falsch deklariert.« Momentan ist es das Umweltministerium, das die Fälle juristisch weiter verfolgt. Gesetzlich stehen solche Verschmutzungen unter Strafe, den Müllschmugglern drohen bis zu fünf Jahre Haft und 500.000 Ringgit (100.000 Euro) Bußgeld. Eine im März vom Parlament beschlossene Änderung, die am 7. Juli in Kraft tritt, verschärft die Vorgaben. Das Minimum bei kleinen Delikten liegt nun bei 5.000 Ringgit, der Höchstbetrag wurde auf zehn Millionen Ringgit heraufgesetzt, eine Freiheitsstrafe bei schweren Fällen ist nun obligatorisch.

Die behördlichen Funde – im gesamten Vorjahr 47 Container – sind offenbar nur die Spitze des Eisbergs. »Mehr als 1.000 Container mit Tonnen von E-Waste werden monatlich illegal nach Malaysia importiert und verarbeitet. Sie lassen eine riesige Spur der Verschmutzung an Land, in der Luft und im Wasser zurück«, schrieb das Online-Newsportal Malaysiakini im Oktober 2022. Laut nicht näher bezeichneten Quellen aus der Wirtschaft gebe es um die 200 Firmen, die in dieser Branche ohne Zulassung und Kontrolle operierten – »direkt unter der Nase der Behörden«. Insbesondere Gold, Silber und Kupfer werden bei der illegalen Elektroschrottverarbeitung extrahiert, ebenso Aluminium. Freigesetzt werden giftige Stoffe wie Blei oder Quecksilber.

»Wir wollen nicht, dass Malaysia zum Mülleimer der Welt wird«, wurde der Umweltminister nach seiner Visite in Klang von der South China Morning Post (SCMP) zitiert. »Ich möchte betonen, dass es unsere nationale Politik ist, keinen Import von E-Waste zuzulassen.« Laut SCMP kommen die meisten Container aus Los Angeles. Hinweise auf illegale Einfuhren kamen vom Basel Action Network (BAN), wie dieses in einem Bericht auf Eurasia Review schreibt. Seit gut 20 Jahren ist BAN mit der Aufklärung illegaler Netzwerke für solche Verschiffungen beschäftigt.

Seit China und Hongkong 2018 die Einfuhr von Elektronikschrott verboten haben, sind viele Container nach Malaysia umgelenkt worden. Die verschärften Gesetze und Kontrollen dort werden auch von BAN-Exekutivdirektor Jim Puckett ausdrücklich begrüßt. Einige wenige illegale Aufbereitungsfirmen wurden in diesem Jahr von den Behörden ausgehoben. Eine gehörte einem Chinesen, der 60 ausländische Kräfte beschäftigte, wie The Star damals schrieb.

Ob die Behörden dem zähen Kampf gewachsen sind, muss sich erst zeigen. Die allermeisten Abfallverwerter scheinen sich keine Sorgen machen zu müssen. Das Ganze bleibt, wie das Bündnis Malaysia Stop Waste Trade Coalition richtig sagt, »Müllkolonialismus«.

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