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Aus: Ausgabe vom 03.07.2024, Seite 11 / Feuilleton
Festivalsommer

Lass die Matte wachsen

Jetzt ist Festivalzeit: Auf nach Rudolstadt, zur Loreley und auf die Burg Herzberg
Von Thomas Behlert
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Fast an jeder Ecke wird gespielt: Straßenkonzert beim Rudolstadt-Festival (2019)

Menschen mit einer Hippieseele dürfen sich freuen. Sie können bald im hessischen Land ihr Inneres nach außen kehren, beim ungewöhnlichsten Festival Deutschlands. Am Fuße der Burg Herzberg, auf dem Gelände eines Pferde­züchters, wird nicht einfach nur gerockt, getrunken, getanzt und geliebt. Das Bier kommt von einer kleinen hessischen Brauerei, es wird Essen aus der ganzen Welt angeboten, und große Firmen, die viele Festivals beherrschen, haben keinen Zutritt. Während des Herzberg-Festivals hilft man sich gegenseitig, ist friedlich und unterhält sich wunderbar mit der freundlichen Security. Das musikalische Angebot ist so groß wie das kulinarische: von harten Rocktönen bis zu afrikanischen Klängen, verwirrender elektronischer Spielerei bis hin zu Blues und jazzigem Rock. Autoren stellen ihr Material im Lesezelt vor, und kleine Bands können fast an jeder Ecke in Freak-City spielen. Bis in die Nacht gibt es Krautrock, hört man kosmische Klänge verarbeitet, und manchmal werden auch härtere, modernere Töne angeschlagen. Mit dabei sind unter anderem Nick Mason, Wolfmother, Calexico, Kula Shaker, Henrik Freischlader, Agitation Free, Bonaparte, Kraan und Orange. Da ­viele Festivalteilnehmer ihre Kinder mitbringen, gibt es auch entsprechende Veranstaltungen; in der »Kinderwelt« stehen lustige Sportgeräte bereit.

Wessen Seele es bis dahin nicht aushält, muss ein großes Festival in Thüringen besuchen, in der ansonsten unscheinbaren und vielleicht etwas langweiligen Stadt Rudolstadt. Vom 4. bis 7. Juli kommt es hier erneut zu einer einmaligen Zusammenkunft von Musikern aus über 50 Ländern. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Roots, Folk- und Weltmusik, wobei auch Konzerte von Dancefloor-Helden, Jazzern und Singer-Songwritern aus der Folktradition auf dem Plan stehen. Es gibt Hofkonzerte, musikalische Experimente und Tanzabende, dazu Vorträge und Workshops. Die interessantesten Bands bekommen den Ruth-Preis. Übrigens startete das erste Festival 1955 noch im kleineren Rahmen unter dem Titel »Fest des deutschen Volkstanzes«. »Tanzfest der DDR« klang gleich etwas schicker, man präsentierte die besten Musiker Osteuropas. Heute ist die ganze musikalische Welt zu Gast, und es gibt große Konzerte im Heine-Park, auf der Heidecksburg und auf vielen Bühnen in der Innenstadt, im Schwimmbad, in Kirchen und Sälen. Musikalisches Thema ist Deutschland, und auf den Bühnen stehen unter anderem Alicia Edelweiss (Österreich), der geniale Bluesmusiker Eric Bibb (USA), Bob Marleys Sohn Julian, der über Cannabis, Love and Peace singt, der Ur­vater des Reggae, Stranger Cole (beide natürlich Jamaika), und The Düsseldorf Düsterboys aus Mainz (sic!), die in ihrer Musik Ironie und Folkpop einfließen lassen. Eine Mischung aus Jazz, Afrobeat und Flamenco präsentiert Momi Maiga (Senegal), und die Folkmusiker La Kejoca entführen nach Bolivien, Portugal und Friesland. In der Innenstadt über 45 Bands und Musikvereinigungen, Folk, Tango, Dixie, Rock, Jazz, Reggae und Roots. Es stehen Zeltplätze, ein Caravanstellplatz und Ferienunterkünfte zur Verfügung.

Nicht vergessen darf man das Fest auf der Freilichtbühne Loreley. Leider heißt es in diesem Jahr zum letzten Mal »Night oft the Prog«. Wer das Programm studiert, wird merken, dass dieses Finale ein denkwürdiges werden wird, standesgemäß sind viele Stars der Prog-Rock-Szene dabei. Veranstalter Winfried Völklein konnte trotz »Brexit«, Pandemie und wirtschaftlicher Turbulenzen unter amderem Izz aus den USA, Riverside aus Polen sowie Arena und Steve Hackett aus England verpflichten.

Rudolstadt-Festival, 4.–7. Juli, rudolstadt-festival.de

Final »Night of the Prog«-Festival, 19.–21. Juli, nightoftheprogfestival.com

Herzberg-Festival, 25.–28. Juli, herzberg-festival.com

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