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Aus: Ausgabe vom 03.07.2024, Seite 15 / Antifaschismus
Vorgezogene Parlamentswahlen

Ansammlung Wohlsituierter

Gute Tradition: In Frankreich setzt die Le-Pen-Partei RN auf ein Bündnis mit dem Großkapital
Von Luc Śkaille, Neufchâteau
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In bester Gesellschaft: RN-Chef Jordan Bardella (M.) auf einer Waffenmesse in Villepinte (19.6.2024)

Die französische Partei Rassemblement National (RN) – auf deutsch etwa »Nationale Sammelbewegung« – gibt sich als »aufrichtige« Partei des »kleinen Mannes«. Doch die Beziehungen des dahinterstehenden Le-Pen-Clans zum französischen Großbürgertum lassen kaum Federn an dieser Behauptung.

Wohlbetuchte Eliten scheuen sich zwar noch immer, eine Verbindung zum früheren Front National (FN) in der Öffentlichkeit preiszugeben. Doch wie die Tageszeitung La Lettre berichtete, nahmen jüngst auch Firmen wie Orange, Netflix oder das Rüstungsunternehmen Dassault Kontakt zu den aufstrebenden Faschisten auf, die im ersten Durchgang der vorgezogenen Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnten. Die Verstrickung mit dem großen Geld ist dabei kein neues Phänomen, sondern seit der Gründung 1972 Tradition.

Über knapp vierzig Jahre wurde der Aufbau der Partei um den Familienclan ihres Gründers Jean-Marie Le Pen organisiert, zunächst mit dem Vertrieb von Literatur und Nazimusik. Überregional stärkte man Verbindungen von Parteifunktionären mit der jüngst verbotenen ultrarechten Studentenorganisation Groupe Union Défense (GUD). Das Kapital der Baustoffdynastie Lambert, dessen kinderloser Erbe Hubert Lambert mindestens 30 Millionen Francs (ca. 4,5 Millionen Euro) und eine Villa auf dem Anwesen »Montretout« in das Vermögen des Clans spülte, beflügelte das Wachstum. Bald darauf begannen die Le Pens mit dem Ankauf von Gold und der Eröffnung von Konten in der Schweiz.

Als Lieblingstochter des Patriarchen spezialisierte sich Marine Le Pen auf Kapitalerträge durch Immobilienwirtschaft, wurde Anteilseignerin von Residenzen in Trinité-sur-Mer und Rueil-Malmaison. Die lukrativen Geschäfte genügten jedoch nicht. In den vergangenen Wahlkämpfen setzte man vermehrt auf Investitionen und Darlehen aus dem Ausland.

Der Parteichef und mögliche nächste Premierminister Jordan Bardella nimmt in der Beziehungspflege zum Großkapital eine besondere Stellung ein. Um die Partei salon- und regierungsfähig zu machen, schob Marine Le Pen ihren als Antisemit alter Schule geltenden Vater zunehmend ins politische Abseits. Mit Bardella polierte die Partei ihr Image auf. Der gepflegte junge Mann mit migrantischen Wurzeln und »Vorstadtbiographie« sollte die Glaubwürdigkeit steigern. Bardella wuchs zwar im Pariser Vorstadtbezirk Seine-Saint-Denis auf, besuchte aber eine Privatschule und ging ohne jemals gearbeitet zu haben in die Politik.

Neben informellen Netzwerken haben die Le Pens die Kooperation mit dem Unternehmertum auch institutionalisiert. Mit dem von André Rougé geleiteten »Horace-Kreis« besteht seit 2015 eine Art faschistischer »Geheimklub«. Dort vernetzen sich rechte Wirtschaftsbosse, Lobbyisten und Militärs mit Parteikadern. Unterstützt wird der Zirkel durch Liquidität der Investmentgesellschaft »Otium Capital« und den Investmentfonds des Multimillionärs Pierre-Édouard Stérin.

Entgegen ihren schmeichelhaften Wahlkampfparolen haben RN-Abgeordnete seit Jahren zu der Austeritätspolitik der Macron-Jahre beigetragen. Die vielseitige Unterstützung durch Unternehmer spiegelt sich auch in den realpolitischen Forderungen der Partei wider. Zum Beispiel im Willen zur Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder in der Absage an die Reichensteuer. Der RN ist daneben für den Beibehalt der Rentenreform und unterstützte die kapitalfreundliche Novelle des Arbeitsmarktgesetzes. Der RN tut genau das Gegenteil seiner »kapitalismuskritischen« Wahlkampfpropaganda.

Die Wirtschaftskultur der Le-Pen-Dynastie verdeutlicht, auf wessen Seite die alten und neuen Frontisten des RN stehen. Sollte Bardella am kommenden Sonntag eine absolute Mehrheit erzielen, wäre dies vor allem eine weitere Radikalisierung der ohnehin schon reichenfreundlichen und autoritären Politik der »Macronie«. Es verwundert daher nicht, dass der Präsident der Reichen nach der erneuten Wahlschlappe am vergangenen Sonntag nicht deutlicher zum »Bollwerk gegen rechts« aufgerufen hat.

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