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Aus: Ausgabe vom 05.07.2024, Seite 14 / Medien
Monatsmonitor Medienwirtschaft

Zuwachs nur digital

Monatsmonitor Medienwirtschaft: Werbeerlöse sind leicht gestiegen, preisbereinigt aber gesunken. Großteil fließt in die USA, zum Ärger hiesiger »Publisher«
Von Gert Hautsch
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Den Bereich der Suchwortvermarktung teilen die US-Konzerne Apple, Amazon und Google nahezu vollständig unter sich auf

Letztlich gab es doch noch ein kleines Plus. Im vergangenen Jahr sind für »kommerzielle Kommunikation« (so bezeichnet die Werbewirtschaft ihr Tätigkeitsfeld) 48,8 Milliarden Euro ausgegeben worden – 1,5 Prozent mehr als 2022. Zur Jahresmitte 2023 hatte es noch nach einer Stagnation oder sogar einem Rückgang ausgesehen. Für Reklame wurde fast genausoviel Geld ausgegeben wie für Arzneimittel (51,4 Milliarden Euro), gab kürzlich der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) stolz bekannt.

Werbeerlöse sind für die meisten Medienunternehmen teils die wichtigste Einnahmequelle. Einzig Buchverlage haben keine Reklame im Produkt, Privatfernsehen und -radio sind fast völlig davon abhängig, übrige Branchen bewegen sich dazwischen. Zeitungsverlage etwa beziehen im Durchschnitt 36 Prozent ihrer Einnahmen aus Anzeigen und Beilagen. Deshalb galt das Werbeplus von 1,5 Prozent im vergangenen Jahr schon als positive Nachricht, auch wenn es inflationsbereinigt ein Minus war.

In der Summe von 49 Milliarden versteckt sich vielerlei, das an den Medienunternehmen vorbeigeht, etwa Sponsoring, Prospekte, Werbeartikel oder dergleichen. Ohne dies sind die »Investitionen in Werbung« im vergangenen Jahr um 2,2 Prozent auf 37 Milliarden Euro gestiegen. Auch das geht jedoch nicht komplett an die Verlage und Sender, denn darin sind die Produktionskosten und Honorare enthalten. Erst wenn man sie abzieht, bleiben die Nettowerbeerlöse der Medienunternehmen übrig: 25,9 Milliarden Euro im Jahr 2023. Sie sind nur um 0,5 Prozent gestiegen.

Hinter der Durchschnittszahl verbergen sich große Unterschiede, je nach Branche. Erstmals ist 2023 die Hälfte (49,5 Prozent) der Nettowerbeerlöse im Internet erzielt worden. Gedruckte Medien (Zeitungen, Zeitschriften, Verzeichnisse) kamen nur noch auf 28,2 Prozent. Der Rest entfiel auf audiovisuelle Medien, Post- und Außenwerbung.

Die stärksten Verluste gab es mit minus 9,2 Prozent beim linearen Fernsehen: Hier brachen die Erlöse schon 2022 um 7,4 Prozent ein. Die Ursache liegt im Höhenflug der Streamingplattformen. Netflix, Amazon Prime und andere haben die klassischen Sender in der Publikumsgunst zurückgedrängt. Im vergangenen Jahr haben sie zudem begonnen, selbst Werbung zu zeigen, und damit den TV-Kanälen zusätzlich die Aufträge streitig gemacht. Vom gesamten Bewegtbildwerbebudget kassierten sie 28 Prozent.

Die Werbeerlöse bei Print sind erwartungsgemäß geschrumpft. Zeitungen und Anzeigenblätter mussten sich mit rund sieben Prozent weniger zufriedengeben, Publikumsmagazine und Verzeichnismedien sogar knapp zehn Prozent. Nur die Digitalerlöse der Printverlage (E-Papers und Internetportale) lagen um 4,7 Prozent über dem Vorjahr.

Im Internet (online und mobil) wuchsen die Werbeeinnahmen um 8,3 Prozent an. Davon entfiel knapp die Hälfte auf Suchwortvermarktung (plus 11,8 Prozent). Das ist insofern bedeutsam, als diese Summe fast vollständig an drei Unternehmen geht: die US-Konzerne Apple, Amazon und Google.

Das führt zu einer Diagnose für den digitalen Werbemarkt, die der ZAW mit bemerkenswerter Deutlichkeit formuliert: Wettbewerb sei dort nahezu nicht vorhanden, extrem wenige Anbieter herrschten mit »weitgehend abgeschotteten Monopolen«. »Google hat ein ›ultradominantes‹ Monopol (…) für suchwortgebundene Werbung, (…) Apple hat ein technisches Monopol für Suchwerbung im App-Store (…) und teilt sich über ein Revenue-Agreement mit Google die Gewinne.« Amazon beherrsche »mit großem Abstand den Markt für spezielle Suchwerbung für Produkte«.

Im laufenden Jahr scheint sich die Werbekonjunktur zu beleben. Die Bruttoerlöse, monatlich veröffentlicht von der Agentur Nielsen, werden mehr. Sie unterscheiden sich von den ZAW-Zahlen dadurch, dass Rabatte, Provisionen, Gegengeschäfte und dergleichen nicht herausgerechnet sind. Dafür sind sie aktueller. Von Januar bis Mai 2024 nahmen sie um 10,4 Prozent zu. Vor allem Fernsehsender erlebten mit 12,3 Prozent plus einen lebhaften Aufschwung. Allerdings ist hinter die Zahlen ein Fragezeichen zu setzen. So schreibt Nielsen auch den Zeitungen ein Werbeplus von 8,7 Prozent zu, was angesichts der allgemeinen Marktdaten kaum haltbar erscheint.

Der ZAW zeigt sich denn auch weiterhin »besorgt«. Die Unsicherheit in der Branche sei groß, die Stimmung angespannt. Nur 39 Prozent der Verbandsmitglieder erwarteten eine positive Entwicklung, 42 Prozent wenigstens eine schwarze Null. Die größte Bedrohung sieht der Verband – neben dem Profitanspruch der US-Konzerne – in möglichen Werbeverboten für gesundheitsschädliche Lebensmittel. Zumindest in diesem Bereich könnte seine Lobbyarbeit Erfolg haben.

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