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Aus: Ausgabe vom 06.07.2024, Seite 5 / Inland
Haushalt 2025

Ampel will Wachstum kaufen

Die Regierungskoalition verkündet einen Durchbruch beim Streit um den Haushalt 2025. Die Schuldenbremse bleibt, die Militärausgaben steigen
Von Klaus Fischer
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Kommen aus dem Grinsen nicht mehr raus: Das Führungstrio des Bundeskabinetts am Freitag in Berlin

Die Spitzen der Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben in der Nacht zum Freitag nach eigenen Angaben einen Durchbruch beim Streit um den Bundeshaushalt 2025 erzielt. Auf die Verkündung einer wirtschaftlichen Notlage wurde zunächst verzichtet. Als propagandistisches Extra wurde ein »Wachstumsturbo« in Aussicht gestellt.

Nach nächtlichen Beratungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) haben die Koalitionspartner am Freitag morgen eine Einigung beim Streit um die weitere Staatsfinanzierung verkündet. Diese betrifft den Haushalt 2025 und den Finanzplan bis 2028. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa vom Freitag ist jetzt der 17. Juli für den Kabinettsbeschluss im Gespräch. Ab Mitte September wird sich dann der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf beschäftigen, der im November oder Dezember beschlossen werden könnte.

Der aktuelle Kompromiss sieht vor, dass die »Schuldenbremse« eingehalten wird. Besonders aus Kreisen der SPD war in den vergangenen Wochen gefordert worden, eine wirtschaftliche Notlage zu verkünden, die als verfassungsrechtliche Voraussetzung für das Aussetzen der Begrenzung der Staatsausgaben gilt. Dennoch plant die Bundesregierung nach Angaben des Wirtschaftsministers im kommenden Jahr neue Schulden in Höhe von 44 Milliarden Euro aufzunehmen. Geplant seien Ausgaben von 481 Milliarden Euro, davon 57 Milliarden Euro an Investitionen. Es handle sich »mitnichten« um einen Sparhaushalt, so Lindner. Es sei jeder Stein im Haushalt umgelegt worden, wo Ausgaben verringert werden könnten. Da auch noch ein Nachtragshaushalt 2024 vorgesehen ist, steige die Nettokreditaufnahme im Rahmen der Schuldenbremse auf 50,5 Milliarden Euro.

Der Staatshaushalt ist nicht zuletzt auch ein Spiegelbild der ökonomischen und sozialen Realität in der Bundesrepublik. Und die ist weiter krisenhaft, was sich in weiter steigenden Staatsausgaben und zunehmender Verschuldung manifestiert. Die Wirtschaft stagniert, Unternehmen wandern ab oder gehen pleite. Trotz offizieller Entwarnung steigen vor allem die Lebensmittelpreise nach wie vor an. Das trifft vor allem Menschen mit kleinem oder prekärem Einkommen. Immer mehr Rentner müssen »aufstocken« – also beim Sozialamt betteln gehen. Die Rentenkasse schreibt rote Zahlen, die Krankenkassenbeiträge werden weiter steigen. Bezahlbare Wohnungen sind kaum zu finden, die Infrastruktur verfällt trotz beträchtlicher Aufwendungen weiter. Und das alles trotz ständig höherer Staatsausgaben.

Verständlicherweise versucht die Koalition da das Augenmerk der Öffentlichkeit auf Scheinlösungen und leere Versprechungen wie den »Wachstumsturbo« zu lenken. Die in diesem Zusammenhang geplanten Maßnahmen sollen demnach im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum von mehr als einem halben Prozent führen, berichtet dpa. Das seien 26 Milliarden Euro zusätzliche Wirtschaftsleistung. Geplant seien etwa beschleunigte Abschreibungen von Investitionen und eine verbesserte Forschungszulage. Daneben solle es Anreize für mehr Beschäftigung geben.

Trotz aller »Turbo«-, »Wumms«- oder »Doppelwumms«-Versprechungen der Scholz-Regierung wird auch in diesem Jahr nur ein »Miniwachstum« des Bruttoinlandsprodukts erwartet – letztlich eine verschämte Umschreibung für faktische Stagnation oder sogar Schrumpfung der Wirtschaftsleistung. Selbst die Kriegstreiber aus Politik und Lobbykreisen müssen ihre großen Erwartungen ein wenig zurückschrauben: Für die Bundeswehr soll im Haushalt deutlich weniger zusätzliches Geld bereitgestellt werden als vom zuständigen Minister Boris Pistorius (SPD) gefordert. Nach der jetzigen Einigung soll der »Verteidigungshaushalt« von derzeit rund 52 Milliarden Euro um etwa 1,2 Milliarden Euro steigen. Pistorius hatte 6,5 bis sieben Milliarden Euro Zusatzbedarf angemeldet und eine Ausnahme dieser Ausgaben von der Schuldenbremse gefordert.

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