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Aus: Ausgabe vom 06.07.2024, Seite 8 / Ansichten

Leopard im Raum

Einigung auf Haushalt 2025. Gastkommentar
Von Gesine Lötzsch
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»Leopard 2 A6«-Kampfpanzer in der Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne in Augustdorf

Scholz, Habeck und Lindner redeten viel und haben wenig gesagt auf der Pressekonferenz zum Haushalt 2025. Lindner berichtete, dass die drei insgesamt 80 Stunden verhandelt hätten. Dafür ist das Ergebnis ausgesprochen dünn. Das aufopferungsvolle Getue erinnert an frühere Tarifverhandlungen, bei denen man sich schnell einigte und danach Skat spielte. Die Unterschiede zwischen den drei Herren sind kleiner als von manchen Medien dargestellt. Stattdessen gibt es viele Gemeinsamkeiten: Sie sind sich einig, wenn es um Aufrüstung und Krieg geht. Sie sind sich einig, dass man Vermögende steuerlich nicht mehr belasten sollte. Sie sind sich einig, dass die Klimakrise von denen bezahlt werden soll, die sich schon jetzt ihre Miete nicht mehr leisten können.

In der Bundespressekonferenz stand kein Elefant im Raum, sondern ein Leopard. Genauer gesagt: 105 Leoparden, die die Bundesregierung für rund drei Milliarden Euro in dieser Woche bestellt hat. Der Rüstungsminister Habeck (Eigenbezeichnung) verlor darüber kein Wort in der Bundespressekonferenz. Er hätte mit den Ausgaben für die Rüstungsindustrie prahlen können, in keinen Wirtschaftsbereich steckt die Bundesregierung mehr Geld. Krieg ist gut fürs Wachstum und die Rendite der Rüstungskonzerne wie Rheinmetall.

Scholz, Habeck und Lindner haben das Wort Frieden bei ihrem Verkündungstermin am Freitag kein einziges Mal in den Mund genommen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat bereits ausgerechnet, was uns der Ukraine-Krieg bisher gekostet hat: 200 Milliarden Euro. Diese Zahl hatten die drei Herren offensichtlich nicht im Hinterkopf. Sie wollen weiterhin zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Aufrüstung und Krieg ausgeben. Wenn dann das »Sondervermögen Bundeswehr« verbraucht ist, sollen im Bundeswehrhaushalt jedes Jahr mindestens 80 Milliarden Euro bereitstehen. Zum Vergleich: Im nächsten Jahr sind nur 57 Milliarden Euro für zivile Investitionen eingeplant. Selbst konservative Ökonomen sprechen von einem Investitionsstau von 600 Milliarden Euro. Warum gibt es vom Kanzler keine langfristige Zusage für zivile Investitionen?

Der Kanzler macht genau das Gegenteil dessen, was er verspricht. Er hat auf der Pressekonferenz drei Schwerpunkte genannt: Sicherheit, Zusammenhalt und Wachstum. Unter seiner Kanzlerschaft leben wir unsicherer, der Zusammenhalt der Gesellschaft war noch nie so brüchig wie heute, und von Wachstum kann nun wirklich nicht die Rede sein. Die Einigung zum Haushalt 2025 wird daran nichts ändern.

Die Linke stellt sich einen Bundeshaushalt anders vor. Wir wollen die Schuldenbremse abschaffen. Wir wollen in die Zukunft investieren. Wir brauchen mehr Kitas, mehr Schulen und mehr bezahlbare Wohnungen. Wir müssen die Vermögenden höher besteuern. Ich glaube, hinter diese Forderungen kann sich eine Mehrheit in unserem Land versammeln.

Gesine Lötzsch ist haushalts­politische Sprecherin der Gruppe Die Linke im Bundestag

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Thomas K. aus Breisach (7. Juli 2024 um 10:47 Uhr)
    »Die Linke stellt sich einen Bundeshaushalt anders vor. Wir wollen die Schuldenbremse abschaffen. Wir wollen in die Zukunft investieren. Wir brauchen mehr Kitas, mehr Schulen und mehr bezahlbare Wohnungen. Wir müssen die Vermögenden höher besteuern. Ich glaube, hinter diese Forderungen kann sich eine Mehrheit in unserem Land versammeln.« Liebe Gesine, leider scheint es bei deiner Hoffnung oder »glaube« zu bleiben. Die Prognosen für die Linken liegen jetzt unter fünf Prozent. Jeder Wähler muss sich überlegen, ob er seine Stimme auf diese Weise zur Unwirksamkeit »verschenken« will, auch wenn die Inhalte passen würden.

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