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Aus: Ausgabe vom 06.07.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

Juristen gegen Waffenlieferungen an Israel

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Kisten mit Panzermunition stehen in einer Halle bei Rheinmetall in Unterlüß

Das European Legal Support Center kündigte am Freitag in einer Erklärung weitere rechtliche Schritte gegen Deutschlands Kriegswaffenlieferungen an Israel an:

Das Anwält:innenkollektiv, das vom European Legal Support Center (ELSC), Lawyers for Palestine, Palestine Institute for Public Diplomacy (PIPD) und Forensis (Forensic Architecture Berlin) unterstützt wird, hat Türen für weitere rechtliche Schritte gegen die deutschen Kriegswaffenlieferungen an Israel geöffnet. Mit dem Beschluss vom 10. Juni 2024 (Az. VG 2 L 119/24) wies das Verwaltungsgericht Berlin einen Eilantrag von Palästinenser:innen aus Gaza und des Anwält:innenkollektivs zurück. (…) Das Gericht kam zu dem Schluss, dass ein Verbot künftiger Kriegswaffenexporte nicht nötig sei, da die Bundesregierung ihre Genehmigungen Anfang 2024 überarbeitet habe und seitdem keine neuen Genehmigungen mehr erteilt worden seien. Das Gericht geht weiter davon aus, dass die Bundesregierung ihre Entscheidungen über künftige Genehmigungen im Einklang mit dem Völkerrecht treffen und gegebenenfalls auch von der Möglichkeit Gebrauch machen wird, künftige Genehmigungsanträge abzulehnen. Das Recht, einen Lieferstopp in das Kriegsgebiet durchzusetzen, hat das Gericht nicht grundsätzlich verneint.

Nadija Samour, Senior Legal Officer des ELSC, erklärt dazu: »Damit ist der Weg frei für weitere rechtliche Schritte durch Auskunftsanträge, Hauptsacheverfahren bzw. bedarfsorientierte neue Eilverfahren gegen konkrete Genehmigungen von Waffenexporten nach deren Bekanntwerden. Die angenommene Tatsachengrundlage für die Entscheidung des Gerichts ist höchst fragwürdig.« (…)

Als die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock im Mai von Demonstranten konfrontiert und aufgefordert wurde, die deutschen Waffenlieferungen an Israel zu stoppen, behauptete sie: »Wir können die Waffenlieferungen (an Israel) nicht stoppen, weil wir keine Waffen geliefert haben.« Ein umfassender Bericht, der kürzlich von Forensis, der Berliner Niederlassung von Forensic Architecture, veröffentlicht wurde, belegt jedoch, dass die deutsche Regierung im Jahr 2023 Waffenexportgenehmigungen im Wert von 326,5 Millionen Euro an Israel erteilt hatte. Der Großteil dieser Exporte wurde nach dem 7. Oktober 2023 genehmigt, was eine Verzehnfachung gegenüber 2022 bedeutet. Derzeit unterstützt die Bundesregierung die israelische Armee, indem sie die Lieferung von 3.000 tragbaren Panzerabwehrwaffen, 500.000 Schuss Munition für Maschinengewehre, Maschinenpistolen oder andere voll- oder halbautomatische Schusswaffen sowie andere militärische Ausrüstung genehmigt, während Deutschland Anfang 2024 die Genehmigung von 10.000 Schuss 120-mm-Panzermunition vorbereitete.

Ahmed Abed, Rechtsanwalt und Mitglied des Anwält:innenkollektiv, erklärt: »Wir können nicht verstehen, warum sich das Verwaltungsgericht nicht mit den deutschen Waffenexporten befasst, die im Bericht von Forensis erwähnt werden, zum Beispiel 500.000 Stück Schusswaffenmunition. Die Schweigetaktik der deutschen Regierung zu Kriegswaffen und Kriegsverbrechen gefährdet das Leben unserer Mandanten. Die Bundesregierung hat jedoch die Pflicht, alle Maßnahmen zu ergreifen, um den seit Monaten andauernden Völkermord in Gaza zu beenden.« (…)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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