Lufthansa spreizt die Flügel
Von Alex FavalliLufthansa will ITA Airways schlucken. Der Chef der Kranich-Linie, Carsten Spohr, erklärte am Freitag in einer Telephonkonferenz, die volle Übernahme der ehemals staatlichen italienischen Fluggesellschaft könne bereits 2027 abgeschlossen werden. Die EU-Kommission hatte den Einstieg von Lufthansa bei ITA am Mittwoch endgültig bestätigt. Entgegen der Darstellung einer Fusion handelt es sich um den ersten Schritt der Einverleibung einer regionalen Fluggesellschaft in einen der größten Flugkonzerne weltweit.
ITA Airways, bislang im Besitz des italienischen Wirtschaftsministeriums, wird zunächst 41 Prozent an die Lufthansa abgeben. Die Zukunftsambition des BRD-Konzerns geht wie von Kranich-Chef Spohr beschrieben aber in Richtung einer hundertprozentigen Übernahme. Lufthansa will umgehend 325 Millionen Euro als Startkapital investieren. Bis 2033 sollen dann weitere 829 Millionen Euro folgen.
Solange der italienischen Regierung gestattet wird, die eine oder andere grün-weiß-rote Flagge an den Maschinen anzukleben, gibt sie sich mit dem Verkauf zufrieden. »Heute schließen wir eine langjährige Angelegenheit ab«, sagte Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Die Übernahme sei ein »italienischer, deutscher und europäischer Erfolg«. Die Leitung des Unternehmens liege künftig in den Händen der Aktionäre, das Management kontrolliere die Einhaltung der Ziele: »Was aber nicht bedeutet, dass sich der Staat einmischt.«, so Giorgetti.
Erst Alitalia und dann ITA Airways kosteten die italienische Bevölkerung bereits rund fünfzehn Milliarden Euro. Wer dafür die Verantwortung trägt, ist schwer zu sagen. Denn von Politikern über Manager bis zu Gewerkschaften kann niemand behaupten, dass sie nicht früher oder später eine Rolle bei dem Zusammenbruch von Alitalia gespielt haben. Nach den gescheiterten Versuchen mit Air France-KLM im Jahr 2007 und der gescheiterten Transaktion mit Etihad unter der Ägide der Regierung Renzi, dürfen nun die Lufthansa-Aktionäre ihr Glück versuchen.
Eine jW-Anfrage, ob die Lufthansa einen Entschädigungsplan für italienische Steuerzahler habe, ließ ITA unbeantwortet. Statt dessen gibt es Zuckerbrot für Kurzflieger. Wie die EU-Kommission mitteilte, sollen demnächst Direktflüge zwischen Rom oder Mailand und bestimmten mitteleuropäischen Flughäfen eingerichtet werden. Lufthansa und das italienische Wirtschaftsministerium wollen entsprechend den EU-Bedingungen zudem einer oder zwei konkurrierenden Fluggesellschaften Zugang zum nationalen ITA-Netz gewähren, um indirekte Verbindungen zwischen bestimmten Flughäfen in Mitteleuropa und italienischen Flughäfen anzubieten.
Die Gewerkschaft sei der Auffassung, »dass dies eine sehr gute Nachricht ist: Natürlich müssen wir in Betracht ziehen, dass es hier um einen globalen Markt geht und auch wir uns dem nicht entziehen können – mit Lufthansa dürfte die Wettbewerbsfähigkeit aber zunächst garantiert sein«, sagte Generalsekretär der FIT-CISL, Salvatore Pellecchia am Freitag gegenüber jW. Auch auf nationaler Ebene stehe die Airline nun »gut da«. Der italienische Markt habe sich, entgegen der Erwartungen aller Experten, seit der Coronapandemie »maßgeblich verbessert«, so der Gewerkschaftsführer. »Nun müssen wir also verstehen, welchen Industrieplan Lufthansa implementieren wird und wie wir uns dabei positionieren – die Voraussetzungen für Verhandlungen sind gut. Wir erwarten eine schnellstmögliche Einberufung zum Gespräch.«
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