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Aus: Ausgabe vom 08.07.2024, Seite 5 / Inland
Wieder DuMont

Tarifflucht im Staatsauftrag

Bundesanzeiger verweigert weiter Verhandlungen um Tarifvertrag. Nun kommt der Verdi-Vorsitzende nach Köln
Von Susanne Knütter
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DuMont arbeitet immer offener und ungeniert gegen die Belegschaft (Protest der ehemaligen Drucker des Verlags am 12.10.2023 in Köln)

Bereits 50 Tage Streik, und noch immer verweigert der Konzern Verhandlungen um einen Tarifvertrag. Dabei übernimmt er sogar hoheitliche Aufgaben im Auftrag der Bundesregierung. Die Rede ist vom Bundesanzeiger und wieder einmal vom Konzern DuMont, dem das Amtsblatt gehört. Mehr als 600 Beschäftigte arbeiten beim Bundesanzeiger. 200 von ihnen sind sachgrundlos befristet, wie die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi angibt. Hinzu kommen knapp 260 Leiharbeiter. Nur einige wenige Beschäftigte sind noch arbeitsvertraglich an einen Tarifvertrag gebunden.

Um die seit 2014 andauernde Tarifflucht und die prekären Arbeitsbedingungen zu beenden, hatte Verdi den Verlag im Dezember 2023 zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Seither gab es immer wieder Streiks. Für Mittwoch hat sich nun auch der Verdi-Vorsitzende angekündigt. »Die Verweigerungshaltung des DuMont-Konzerns zu Haustarifverhandlungen für die Beschäftigten des Bundesanzeiger-Verlags ist respektlos und in der öffentlichen Wirkung verheerend«, kritisierte Frank Werneke am Freitag. »Nach der handstreichartigen Schließung der Druckerei im vergangenen Jahr sorgt der DuMont-Konzern erneut für negative Schlagzeilen.« Der »Standort Köln und die Interessen der Beschäftigten sind der Konzernführung offenbar egal«.

Mit großer Wahrscheinlichkeit. Besonders interessieren werden den Konzern hingegen Umsatz und Gewinnmarge. Der Umsatz liegt Verdi zufolge bei 130 Millionen im Jahr, als Gewinn bleiben 18 bis 20 Millionen. Der Bundesanzeiger-Verlag ist damit die »Cash Cow der DuMont-Verlagsgruppe«, hieß es bei Verdi Ende März. Zum Großteil finanziert wird der Spaß vom Steuerzahler. Der Verlag betreibt unter anderem das Transparenzregister und das Unternehmensregister und sorgt für all die »wichtigen« Ankündigungen und Bekanntmachungen deutscher Bundesbehörden im Auftrag der Bundesministerien für Justiz und Finanzen. SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag seinerzeit zwar das Ziel formuliert, künftig Aufträge ab einem bestimmten Betrag nur noch an Unternehmen vergeben zu wollen, die tariftreu sind. Aber in ein entsprechendes Gesetz gegossen und verabschiedet wurde das bisher nicht.

Neben der Tariflosigkeit gehört der permanente Einsatz von mehr als 200 Leiharbeitern zum Geschäftsmodell, mit dem das Unternehmen seinen Schnitt macht. Es lässt die Arbeitsverträge auslaufen. Drei Monate später werden die Leiharbeiter von neuem angeheuert – zu wieder niedrigerem Gehalt. Laut Betriebsrat gibt es Kollegen, die das schon fünfmal mitgemacht haben.

Verdi fordert den Abschluss eines Haustarifvertrages, der auf dem Tarifvertrag für Angestellte der Druck- und Medienindustrie in Nordrhein-Westfalen basiert. Zu den Forderungen gehören eine 35-Stunden-Woche, 30 Tage Urlaubsanspruch pro Jahr sowie verbindlicher Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Darüber hinaus sollen sämtliche erbrachten Leistungen in verbindliche tarifliche Regelungen überführt werden. Derzeit betrage das Einstiegsgehalt etwa im Bereich Sachbearbeitung etwas über 2.200 Euro pro Monat.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren. Denn nicht allen lernen die junge Welt kennen, da durch die Beobachtung die Werbung eingeschränkt wird.

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