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Aus: Ausgabe vom 08.07.2024, Seite 7 / Ausland
Venezuela

Umsturzangebot abgelehnt

Venezuela: Kolumbianische Milizionäre sagen Auftrag zum Kampf gegen Maduro-Regierung ab
Von Volker Hermsdorf
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Badet trotz Anschlagsdrohungen in der Menge: Venezuelas Präsident Nicolás Maduro (Caracas, 4.7.2024)

Drei Wochen vor den Präsidentschaftswahlen in Venezuela demonstriert die extremen Rechte, dass sie eine Wiederwahl des amtierenden Staatschefs Nicolás Maduro am 28. Juli auch mit Gewalt verhindern will. Einen Tag nach dem offiziellen Wahlkampfauftakt am Donnerstag bestätigte die kolumbianische paramilitärische Gruppe »Autodefensas Conquistadoras de la Sierra Nevada« (ACSN), dass sie kontaktiert wurde, um das Land vor den Wahlen zu destabilisieren und – im Falle eines Wahlsiegs von Maduro – Chaos zu erzeugen. Generalstaatsanwalt Tarek William Saab beauftragte seine Behörde daraufhin mit Ermittlungen.

»Unsere Einheiten sind von rechtsextremen Gruppen aus Venezuela aufgefordert worden, die dortige Regierung zu destabilisieren«, heißt es in einer am Freitag von der auch »Los Pachencas« genannten »Selbstverteidigungsgruppe Eroberer der Sierra Nevada« veröffentlichten Erklärung. Die Regierungsgegner hätten von ihnen unter anderem Angriffe auf die Infrastruktur des Landes und die Eskalation von Protesten gefordert, so die Paramilitärs. Ziel der Planungen sei es gewesen, etwa 1.000 Mann einzuschleusen, die Gewalt in den Grenzregionen verbreiten, die Stromversorgung lahmlegen und, wenn die gewalttätige Opposition nach einer eventuellen Niederlage am 28. Juli den Vorwurf des Wahlbetrugs erhebe, einen Bürgerkrieg entfachen sollten, zitierte die Agentur Prensa Latina am Sonnabend aus Maduros ersten Reaktionen auf die neuen Enthüllungen. Der Präsident forderte die Staatsanwaltschaft auf, zügig zu ermitteln, da es sich bei den Informationen, »die mir die Geheimdienst-, Polizei- und Militärchefs aus Kolumbien schicken«, um etwas »sehr Ernstes« handele.

In einem im Internet kursierenden Video hatten die Paramilitärs allerdings versichert, dass sie sich »nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder« einmischten und den Behörden des Nachbarlandes »Einzelheiten zu den veröffentlichten Informationen« mitteilen würden. Die von Kolumbiens Präsident Gustavo Petro als unpolitisch eingeschätzten »Pachencas« kontrollieren große Teile des Departamento del Magdalena an der Karibikküste und konzentrieren sich vor allem auf den Schmuggel von Drogen und Waffen. Seit Ende 2022 ist die Gruppe an Friedensgesprächen mit der kolumbianischen Regierung beteiligt, die sie offenbar nicht durch Kontakte mit Putschisten aus dem Nachbarland gefährden wollen.

Erst im März hatten venezolanische Sicherheitskräfte einen Plan von Regierungsgegnern vereitelt, der darin bestand, Waffen aus einem Militärstandort zu stehlen, Anschläge auf den Guri-Staudamm, der einen Großteil des im Land verbrauchten Stroms erzeugt, zu verüben und »führende Vertreter des Chavismo« zu töten. Wie die Ermittlungen ergaben, hatten die verhafteten Hintermänner zuvor Kontakt zu Aktivisten der von Leopoldo López gegründeten Oppositionspartei Voluntad Popular. Nach Bekanntwerden der neuen Umsturzpläne meldete sich der – wegen seiner Rolle bei den gewalttätigen Protesten im Jahr 2014 verurteilte und seit 2020 auf der Flucht vor der Justiz im Exil lebende – Rechtspolitiker zu Wort. »Der Wunsch des venezolanischen Volkes nach Veränderung ist offensichtlich und überwältigend, und wir hoffen, dass nicht nur das, sondern auch die weltweite Aufmerksamkeit darauf gerichtet ist, die Diktatur daran zu hindern, Wahlbetrug zu begehen«, erklärte López in einem am Freitag von der spanischen Agentur Efe veröffentlichten Interview.

Am Vortag hatten der 61jährige Amtsinhaber Nicolás Maduro von der regierenden Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) wie auch sein Hauptkonkurrent, der dreizehn Jahre ältere Oppositionspolitiker Edmundo González für die von den USA unterstützte Vereinigte Plattform (Plataforma Unitaria), den Wahlkampf eröffnet. González ist einer von neun Kandidaten, die gegen Maduro antreten. Dabei gehe es um eine Entscheidung »zwischen denen, die Venezuela lieben und denen, die Sanktionen fordern, zwischen denen, die Frieden wollen und denen, die die Proteste angezettelt und Menschen verbrannt haben«, gab sich Maduro siegessicher.

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