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Aus: Ausgabe vom 09.07.2024, Seite 6 / Ausland
Rechte in Lateinamerika

Rockmusik statt Gipfel

Während Mercosur-Staaten tagen, besucht Argentiniens Präsident Milei ultrarechte CPAC-Konferenz in Brasilien – ohne Amtskollegen Lula zu treffen
Von Frederic Schnatterer, Buenos Aires
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Konnte seine Show abziehen: Javier Milei in Camboriú am Sonntag

Lieber eine Provokation als gute Beziehungen: Der argentinische Präsident Javier Milei bleibt seinem außenpolitischen Kurs treu. Am Sonntag (Ortszeit) traf er sich im brasilianischen Badeort Camboriú mit dem früheren Staatschef des Nachbarlandes, Jair Bolsonaro. Im Rahmen der ultrakonservativen Konferenz »CPAC Brasil 2024«, die dort am Wochenende stattfand, rief er zudem zum Kampf gegen den Kommunismus auf.

Mileis Auftritt war perfekt inszeniert: laute Rockmusik, Sprechchöre, viel Applaus. Milei, ohne Zweifel der Star der Konferenz, hetzte in einer pseudowissenschaftlichen Rede gegen die linken Regierungen der Region. Diese hätten ein ums andere Mal bewiesen, dass »immer, wenn der Staat sich einmischt, das Ergebnis ein schlechtes ist«. In Argentinien wehe nun der Wind des Wandels: »Die Kaste und die Sozialisten haben Angst!« Das sei auch in Brasilien zu beobachten, wo »unser Freund Jair Bolsonaro von der Justiz verfolgt wird«. Euphorie im Saal. Die Reaktionen des Publikums standen in krassem Widerspruch zu den rhetorischen Fähigkeiten des argentinischen Staatschefs.

Expräsident Bolsonaro hatte die Konferenz am Sonnabend eröffnet. »Die Rechte ist vereint und wird nach diesem Event noch stärker sein«, heizte er den Zuschauern ein. Neben ihm und Milei versammelte die brasilianische Edition der Conservativce Political Action Conference (CPAC) weitere zentrale Politiker der lateinamerikanischen Ultrarechten. So sprachen unter anderem der ehemalige Präsidentschaftskandidat in Chile, José Antonio Kast, der Justizminister von El Salvador, Gustavo Villatoro, sowie der mexikanische Schauspieler Eduardo Verástegui.

Die erste CPAC-Konferenz in Brasilien hatte der Abgeordnete und Sohn des Expräsidenten, Eduardo Bolsonaro, 2019 organisiert. Der veröffentlichte in den sozialen Medien ein Video mit Milei, zu dem er schrieb: »Viel besser, als mit einem korrupten Kommunisten zusammenzusein. Willkommen bei der CPAC Brasilien, Präsident Milei!« Das Treffen dient der Vernetzung einer immer besser organisierten Ultrarechten in der Region. Diese verfügt mittlerweile über enge Kontakte zum Umfeld des US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump sowie in faschistische Kreise in Europa.

Milei, der im Februar bereits auf der CPAC in Washington in den USA aufgetreten war, kam am Rande der Konferenz auch mit Jair Bolsonaro zusammen. Das Zusammentreffen war nicht nur aus dem Grund pikant, dass gegen den brasilianischen Expräsidenten derzeit unter anderem ein Verfahren im Zusammenhang mit dem Putschversuch vom Januar 2023 läuft.

Es handelte sich überhaupt um den ersten Besuch von Milei in Brasilien – und den ersten in einem anderen südamerikanischen Land. Der Nachbarstaat ist der wichtigste Handelspartner Argentiniens sowie die größte Volkswirtschaft des Subkontinents. Um so bemerkenswerter, dass sich der argentinische Präsident bei seinem Aufenthalt mit keinem Vertreter der brasilianischen Regierung traf – geschweige denn mit Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva.

Besonders im Wahlkampf hatte Milei Lula heftig beschimpft. So bezichtigte er den Sozialdemokraten der Korruption und bezeichnete ihn als Kommunisten. Erst vor wenigen Tagen forderte Lula seinen argentinischen Amtskollegen auf, sich öffentlich bei ihm und bei »ganz Brasilien« für die Ausfälle zu entschuldigen. Milei habe viel »Unsinn« erzählt. Das Präsidialamt in Buenos Aires wich allerdings aus und erklärte, Milei habe Lula nur »beschrieben«.

Bereits im Vorfeld hatte für Schlagzeilen gesorgt, dass Milei die Teilnahme an der CPAC-Konferenz dem Gipfeltreffen der Mercosur-Staaten vorzieht. Am Montag kamen in der paraguayischen Hauptstadt Asunción die Vertreter der Mitgliedstaaten des »Gemeinsamen Marktes des Südens«, Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay und Bolivien, zusammen. Dabei übergab der paraguayische Präsident Santiago Peña seinem uruguayischen Amtskollegen Luis Lacalle Pou den Vorsitz. Auch die Aufnahme von Bolivien als fünftem Mitgliedstaat wurde formell finalisiert. Als offizielle Begründung für die Absage Mileis bemühte die argentinische Regierung »Terminschwierigkeiten«.

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