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Aus: Ausgabe vom 09.07.2024, Seite 16 / Sport
Radsport

Risiken gehen, Risiken meiden

Bei der 111. Tour de France ist noch alles offen
Von Holger Römers
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Ehre die Ähre: Tour-de-France-Feld am 7.7.2024

Der erste Ruhetag der 111. Tour de France bot am Montag Anlass zu der Zwischenbilanz, dass noch (fast) alles offen ist. Was neutrale Zuschauer freut, ist für den Träger der Gelben Trikots offenbar frustrierend. Laut belgischen Medien stichelte Tadej Pogačar (UAE Team Emirates) gegen den Sieger der beiden Vorjahre: Der habe am Sonntag gleich zweimal eine Vorentscheidung in der Gesamtwertung sabotiert. Tatsächlich verweigerte Jonas Vingegaard (Team Visma – Lease a Bike) jede Führungsarbeit, als er im Schlepptau des 25jährigen Slowenen zu dem ein Jahr jüngeren Belgier Remco Evenepoel (Soudal Quick-Step) aufschloss, als der 77 Kilometer vor dem Ziel aus der Favoritengruppe davonfuhr. Und der 27jährige Däne zeigte sich ebenso unkooperativ, als er gut eine Stunde später als einziger Sieganwärter – mit Hilfe eines Mannschaftskollegen – einen nochmaligen Angriff Pogačars parieren konnte.

Also blieben, nachdem der 30jährige Franzose Anthony Turgis (Total Energies) in Troyes den Tagessieg mit einem Sprint aus einer Ausreißergruppe errungen hatte, die Abstände an der Spitze des Gesamtklassements unverändert: Evenepoel liegt 33 Sekunden zurück, Vingegaard 1:15 und Primož Roglič (Red Bull – Bora – Hansgrohe) 1:36. Letztgenannter dürfte über die Wahrung des Status quo besonders erleichtert sein, da der 34jährige Slowene auf ungewohntem Schotter, der sich am Sonntag auf 14 Passagen von insgesamt 32 Kilometern Länge erstreckte, wiederholt ins Hintertreffen geraten war.

Vingegaard hatte freilich selbst Grund, die atemlose Hektik des an Frühjahrsklassiker erinnernden Rennverlaufs nicht zu befeuern. Zwar hatte er, kaum dass er aus einer langen Verletzungspause ins Wettkampfgeschehen zurückgekehrt war, schon auf der ersten schweren Bergetappe am Dienstag einer Beschleunigung Pogačars am Galibier alleine folgen können. Kurz vor der Kuppe war er jedoch von dem zum ersten Tagessieg davoneilenden Konkurrenten abgeschüttelt worden. Und in der folgenden Abfahrt hatte er, was angesichts seines schweren Rennunfalls im Frühjahr sehr verständlich war, dessen Risikofreude nicht teilen mögen, sondern sich von der Verfolgergruppe einholen lassen.

Dass Vingegaard auch im Zeitfahren am Freitag als guter Vierter seinen Rückstand minimierte, bestätigte den Eindruck, dass seine Form schon besser ist, als zu befürchten war. Erst recht ist aber zu hoffen, dass sie in der zweiten Tourhälfte noch besser werden könnte – wogegen bei Pogačar womöglich zunehmend die Strapazen des (siegreich) absolvierten Giro d’Italia nachwirken. Evenepoel, der als Weltmeister in jener Spezialdisziplin das Zeitfahren erwartungsgemäß gewonnen hat, darf derweil spekulieren, sein Weißes Trikot als bester junger Fahrer auch bei der Abschlusszeremonie in Nizza zu tragen, die in knapp zwei Wochen nach einem zweiten Zeitfahren stattfinden wird.

Bevor im letzten Drittel der Tour gehäuft Pyrenäen- und Alpenetappen anstehen, hat der Kampf ums rot-weiß gepunktete Bergtrikot indes kaum begonnen – auch wenn der letztlich chancenlose Jonas Abrahamsen (Uno-X Mobility) vorerst jede Gelegenheit nutzt, an kategorisierten Hügeln seinen Vorsprung auszubauen. In der Punktewertung liegt wiederum Biniam Girmay (Intermarché-Wanty) vorn, nachdem der 24jährige Eritreer die dritte und die achte Etappe für sich entschieden hat. Einen weiteren Massensprint gewann am Donnerstag der 31jährige Niederländer Dylan Groenewegen (Team Jayco AlUla), nachdem sich am Tag zuvor der 39jährige britische Altmeister Mark Cavendish (Astana Qazaqstan Team) durchgesetzt und mit seinem 35. Tagessieg zum alleinigen Rekordhalter der Tour gemacht hatte.

Dagegen ist Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck), der eigentlich favorisiert war, das Grüne Trikot wie im Vorjahr zu gewinnen, nicht über zwei zweite Plätze hinausgekommen. Schon etwas abgeschlagen ist er auch Zweiter in der Punktewertung – was den 26jährigen Belgier um so mehr ärgern dürfte, da der im Vorfeld als Hauptkonkurrent gehandelte Mads Pedersen (Lidl-Trek) das Rennen wegen der Nachwirkungen eines auf der sechsten Etappe erlittenen Sturzes bereits aufgegeben hat.

So schmerzhaft die Karambolage des 28jährigen Dänen mit einer die Zielgerade begrenzenden Bande aussah: Man muss froh sein, dass bei der Tour kaum Schlimmeres passiert ist. Denn die am Sonnabend eingetroffene Nachricht, dass der Norweger André Drege (Team Coop-Repsol) im Alter von 25 Jahren in einer Abfahrt bei der Österreich-Rundfahrt gestorben ist, macht einmal mehr bewusst, dass Radsport buchstäblich lebensgefährlich ist.

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