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Aus: Ausgabe vom 10.07.2024, Seite 4 / Inland
Kriegstauglichkeit

FDP-Minister gegen Wehrpflicht

Lindner und Buschmann kritisieren per Brief Pläne von Pistorius für neuen Bundeswehr-Dienst
Von Marc Bebenroth
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Vor allem junge Menschen sollen hier statt in der Privatwirtschaft vorstellig werden. Bundeswehr-Pavillon auf der ILA (Berlin, 5.6.2024)

Christian Lindner und Marco Buschmann stören sich nicht an der Aufrüstungsorgie, wollen aber in der Debatte um den Militäretat 2025 offensichtlich ihr parteipolitisches Revier markiert wissen. Die beiden FDP-Minister für Finanzen bzw. Justiz haben in einem Brief an Verteidigungsminister Boris Pistorius, aus dem am Dienstag die Nachrichtenagentur dpa zitierte, die von dem SPD-Politiker angestoßene Debatte zur Steigerung der »Kriegstüchtigkeit« der BRD begrüßt. Doch eine allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht sei aus finanziellen, volkswirtschaftlichen und rechtlichen Gründen nicht realistisch. Die beiden Briefschreiber bekräftigten demnach, dass der Soldatenberuf »attraktiver« werden und die Reserve der Bundeswehr eine stärkere Rolle spielen müsse.

Tatsächlich hatte Pistorius sich am 12. Juni in Berlin sehr ähnlich gegenüber Journalisten geäußert. Seinem Plan zufolge sollen künftig neu eingezogene Wehrdienstleistende automatisch in die Reservestrukturen integriert werden, sofern sie sich nicht für eine Laufbahn als Zeit- oder gar Berufssoldat entscheiden. Lindner und Buschmann wollen, dass Reservisten stärker in die aktiven Streitkräfte eingebunden werden. »Wir wollen keinen langweiligen, sinnentleerten Wehrdienst«, hatte der Verteidigungsminister außerdem betont. Der Bund wolle zunächst die »wirklich« interessierten Männer und Frauen rekrutieren.

»Uns eint das Ziel, die Bundeswehr zu einer der modernsten und schlagkräftigsten Armeen zu machen«, schreiben Lindner und Buschmann laut dpa. »Dieses Ziel können und werden wir nur mit der entsprechenden gesellschaftlichen Akzeptanz erreichen.« Und dies schließe »die Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht bzw. Dienstpflicht nach unserer Auffassung aus«. Strukturen für eine neue allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht müssten aufgebaut werden, ein »langwieriger und extrem kostenintensiver« Vorgang.

Pistorius würde am liebsten von den per Fragebogen ermittelten Kandidatinnen und Kandidaten 20.000 pro Jahrgang einziehen lassen. Doch die Kapazitäten der Bundeswehr hinsichtlich Ausbildung, Unterbringung und Versorgung lassen ihm zufolge zunächst nur ein Kontingent von gut 5.000 Wehrdienstleistenden pro Jahrgang zu. Sie würden den Bund jährlich »etwa 1,4 Milliarden Euro« kosten. Die in den vergangenen Jahren zurückgebauten Kreiswehrersatzämter seien Pistorius zufolge ebenfalls ein limitierender Faktor.

Schließlich führten Lindner und Buschmann noch das Argument an, das von Pistorius vorgelegte Modell werfe »unvermeidliche Fragen der Wehrgerechtigkeit auf«, da nur ein kleiner Teil eines Jahrgangs eingezogen werden soll. Die beiden ­FDP-Politiker verwiesen auch darauf, dass dies für die Betroffenen einen tiefen Einschnitt in ihre Freiheit und persönliche Lebensplanung darstelle.

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