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Aus: Ausgabe vom 11.07.2024, Seite 1 / Titel
Nahostkonflikt

Katastrophe eingeplant

Gazakrieg: Israel bombardiert erneut Schutzsuchende und benutzt laut UN-Experten Hunger als Waffe
Von Gerrit Hoekman
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Bisher keine Rettung in Sicht: Die Einwohner Gazas leiden unter einer Hungersnot (Khan Junis, 2.2.2024)

Jugendliche spielen Fußball vor einer Schule in Khan Junis im Gazastreifen. Andere schauen ihnen zu. Dann schlägt eine israelische Rakete ein und tötet nach palästinensischen Angaben mindestens 30 Menschen, die auf dem Gelände Schutz gesucht hatten. Dutzende werden verletzt. Al-Dschasira veröffentlichte ein Video, das den Augenblick des Einschlags einfängt. Die israelische Armee behauptet laut AFP, der Angriff habe Hamas-Kämpfern gegolten, die sich in der Schule versteckt hätten. Die meisten Opfer sind jedoch Frauen und Kinder.

Es war der vierte Angriff auf eine Schule seit Sonnabend. Bei den drei vorangegangenen waren mindestens 20 Todesopfer zu beklagen. Zwei der Schulen werden vom UN-Palästina-Hilfswerk UNRWA geleitet, die dritte vom zur katholischen Kirche gehörenden Lateinischen Patriarchat von Jerusalem.

Das Leben der Bevölkerung in Gaza ist aber nicht nur durch israelische Bomben bedroht. Zehn unabhängige UN-Menschenrechtsexperten beklagten am Dienstag eine Hungersnot in ganz Gaza und warfen Israel vor, Hunger als Kriegsmittel einzusetzen. Zwar sollen über den Pier, den die USA vor der Küste bei Gaza-Stadt angelegt haben, in den nächsten Tagen wieder Hilfsgüter an Land gebracht werden, diese liegen jedoch im Moment auf Zypern und in einem Schwimmdock vor der Küste. Danach soll der Pier aber endgültig abgebaut werden, meldete AP am Dienstag unter Berufung auf US-Beamte, die anonym bleiben wollten, da noch letzte Details geklärt werden müssten.

Damit ist Washingtons Plan, mit der Anlegestelle die humanitäre Katastrophe in Gaza zu lindern, bereits gescheitert, bevor die Lieferung von Hilfsgütern überhaupt richtig in Fahrt kam. Immer wieder stoppte schwere See das Projekt. Insgesamt erreichten nur 8.600 Tonnen auf diesem Weg die notleidende palästinensische Bevölkerung – ein Tropfen auf dem heißen Stein. Am Strand stapelten sich Waren, die zu verderben drohten, weil sie aus Sicherheitsgründen nicht abgeholt und verteilt werden konnten.

Nun behindert Israels erneute Militäroffensive in Gaza-Stadt wieder einmal die Anlandung und Ausgabe der Hilfsgüter. Am Mittwoch warf Israels Armee Flugblätter ab, in denen sie die dort befindlichen Menschen zur sofortigen Evakuierung aufforderte. Seit Montag dringt die Armee tief in die Stadt ein, die sie schon vor sechs Monaten als erobert reklamierte. Doch mittlerweile sind palästinensische Kämpfer dorthin zurückgekehrt. Der israelische Vormarsch könnte laut Hamas die Verhandlungen über einen Waffenstillstand und die Freilassung der israelischen Geiseln gefährden.

Am Dienstag starb bei einem Angriff auf das Hauptquartier der UNRWA in Gaza-Stadt ein israelischer Soldat durch einen palästinensischen Scharfschützen, berichtete die Times of Israel am Mittwoch. Der 21jährige sei demnach der 327. Militärangehörige, der auf israelischer Seite in Gaza sein Leben verlor.

Unterdessen starb der Times of Israel zufolge auf den von Israel völkerrechtswidrig annektierten syrischen Golanhöhen am Dienstag abend ein israelisches Ehepaar, als sein Auto von einer Rakete der libanesischen Hisbollah getroffen wurde. Wenige Stunden zuvor hatte Israel bei Damaskus angeblich einen früheren Leibwächter von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah getötet. In der Nacht zu Mittwoch griff Israel wiederum die Luftabwehr der Hisbollah an, auch weit im libanesischen Landesinnern. Die Sorge, der gegenseitige Beschuss könnte weiter eskalieren, wächst.

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