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Aus: Ausgabe vom 11.07.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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»Frieden ist international«

Zu jW vom 6./7.7.: »Probleme der ­Friedensbewegung heute«

Gerhard Hanloser beginnt mit der These, die Friedensbewegung der 80er Jahre ist Geschichte, auch weil viele damals Friedensbewegte heute dem Neoliberalismus zugewandt sind. Die Friedensbewegung ist immer durch Höhen und Täler gelaufen. Nach der »Ohne uns«-Bewegung gegen die Remilitarisierung, nach der »Kampf dem Atomtod«-Bewegung gegen die CDU/CSU-Pläne für eine Nuklearisierung der Bundeswehr, nach den Aktionen gegen den Notstandsstaat und den Vietnamkrieg, nach den 80er Jahren gegen die nuklearen US-Mittelstreckenraketen, nach den Aktionen gegen den Irak-Krieg usw. gab es immer einen deutlichen Rückgang. In den Tälern haben wir die Verantwortung, die Glut am Glimmen zu halten, die Strukturen für den nächsten Zuwachs der Bewegung und die Vernetzung stabil zu halten und den jeweils immer noch möglichen Protest zu organisieren. (…)

Die Denunzierung der Friedensbewegung hat eine lange Tradition; Kaiser Wilhelm beschimpfte Karl Liebknecht und weitere Sozialdemokraten vor über 100 Jahren als vaterlandslose Gesellen, die Nazis brachten Pazifisten gnadenlos um, die Friedensbewegung der Nachkriegszeit wurde regelmäßig als fünfte Kolonne Moskaus denunziert. Die 80er Jahre sind nicht nur Geschichte, sondern sie sind Vorläufer einer brandgefährlichen Weltlage, die der militärisch-industrielle Komplex herbeiführt: Damals warnten wir vor einem Atomkrieg aus Versehen infolge der Stationierung von Raketen (Pershing II), die dem Gegner in Konflikten praktisch keine Vorwarnzeit im Fall eines Atomalarms auf den Monitoren der Alarmsysteme mehr lassen. Für einen Enthauptungsschlag ausgelegte Offensivsysteme der USA immer näher an der Westgrenze Russlands haben eine ähnlich riskante Wirkung. Das Hauptproblem der Friedensbewegung ist die Tatsache, dass die NATO die Menschheit immer näher an den Abgrund eines finalen Atomkrieges treibt. Daher ergibt sich die Verantwortung einer entschiedenen Mobilisierung möglichst vieler immer noch gewinnbarer Menschen für eine Friedenspolitik, die Frieden nicht auf dem Schlachtfeld erreichen will, sondern am Verhandlungstisch der Diplomatie. Alle Menschen, die die Fakten unvoreingenommen und ohne Vorprogrammierung durch die infiltrative Kriegspropaganda verarbeiten, und die sich für ein Überleben einsetzen, haben die Verantwortung, sich für die Friedensordnung gemeinsamer, weil gegenseitiger Sicherheit nach Zwei-plus-vier-Vertrag, Charta von Paris und OSZE-Sicherheits-Charta einzusetzen. Damit sind Nazis automatisch außen vor, denn sie suchen als Ultranationalisten auch nach Möglichkeiten, den Militarismus zu stärken.

Welche Organisationen das Ringen um ein Überleben in dieser zerbrechlichen Welt mittragen, das ist jeweils bei der Konstellierung von Bündnissen zu entscheiden. Der Frieden ist international, friedlich, demokratisch, interkulturell und sozial, damit ist er per se eine Verneinung rechter Positionen, denn die sind von alledem das Gegenteil. (…)

Bernhard Trautvetter, Essen

Ausbleibende Ringe

Zu jW vom 6./7.7.: »Werthaltiger Abfall«

Anstatt wie im Artikel geraten eine Einrichtung an den Mülleimern anzubringen (»Pfandringe«), mittels derer Pfand weitergegeben werden kann, stellen die Großstädte verstärkt »Mülltresore« auf, in die die Leute ihren Müll mittels Klappe versenken können – damit erledigt sich der minütliche Anblick, der den Müll durchwühlender Armen einerseits und die Pfandbeute der Citys landet bei dem Müllunternehmen (im positiven Fall als Zuschuss zur Weihnachtsfeier der Belegschaft, im Negativfall als eigener Gewinnposten).

Ronald Brunkhorst, Kassel

Abgesoffen

Zu jW vom 4.7.: »Gysi zieht Notbremse«

Nachdem der Tanker – Die Linke – längst in zwei Teile zerbrochen ist, und der Kampf um die wenigen Rettungsboote läuft, wird gefachsimpelt, ob der Kurs voll auf den Eisberg wirklich der richtige war. Popcorn …

Hans Wiepert, Berlin

Letzte Fahrt der »Demeter«

Zu jW vom 4.7.: »Gysi zieht Notbremse«

Vielen Dank an Herrn Popp für seine exzellente Berichterstattung über das »Narrenschiff« und seinen Niedergang (Zitat Herr Popp) in den vergangenen Jahren. Nach so vielen Jahren Parlamentarismuserfahrung müsste Herr Gysi ja jetzt Millionär sein. Wenn die letzten ostdeutschen Landtagsmandate verloren gehen, verlassen die Ratten das sinkende Schiff. Sicherlich kann man an Herrn Lafontaine einiges kritisieren, aber er hatte zu Beginn der Geschichte der PDL konträr zu Herrn Gysi und seinen Kumpels widerborstig zum Generalstreik aufgerufen und er beweist sich noch heute als Napoleon der Politik. Lafontaine, nicht korrumpierbar, hatte unter Schröder auf einen gut bezahlten Posten als Wirtschafts- und Finanzminister verzichtet, wegen Hartz IV, also vom Klassenstandpunkt aus. Darauf hätte Gysi nie verzichtet, das zeigt seine Parteinahme für Alexis Tsipras. Ich erinnere mich, wie eine ostdeutsche Landtagsfraktion der PDL vor Jahren sich definierte als »Regierungspartei im Wartestand«. Kam diese Haltung aus dem Milieu der Staatspartei SED? Ne Neuerfindung wird es nicht gewesen sein.

Tobias Frank, per E-Mail

Leseloch in der Brieftasche

Zu jW vom 5.7.: »Jugend von heute«

»Generell kaufen immer weniger Menschen Bücher.« Könnte es vielleicht auch daran liegen, dass die Bücher immer teurer werden? Vielleicht kann sich gerade die Klientel, die immer gelesen hat, Bücher nicht mehr leisten. Gerade vorige Woche erwarb ich im Buchhandel zwei Bücher für insgesamt 35 Euro; dafür hätte ich noch vor nicht allzu langer Zeit drei oder vier Bücher kaufen können (von den Buchpreisen zu DDR-Zeiten ganz zu schweigen). Denn möglicherweise liegt die Umsatzsteigerung einfach am höheren Preis für das einzelne Buch. Aber zum Glück gibt es inzwischen Büchertauschregale, wo man hin und wieder auch ein gutes Buch findet.

Christel Harke, Aschersleben

Nachdem der Tanker – Die Linke – längst in zwei Teile zerbrochen ist, und der Kampf um die wenigen Rettungsboote läuft, wird gefachsimpelt, ob der Kurs voll auf den Eisberg wirklich der richtige war.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!