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Aus: Ausgabe vom 12.07.2024, Seite 6 / Ausland
Ecevit Piroğlu

Ecevit Piroğlu steckt fest

Serbien: Weiterer Ausreiseversuch gescheitert
Von Dieter Reinisch, Belgrad
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Von Isolationshaft und Hungerstreiks gezeichnet: Ecevit Piroğlu nach seiner Freilassung in Belgrad (10.7.2024)

Weiter warten heißt es im Fall Ecevit Piroğlu: Der türkische Sozialist wurde zwar am Dienstag aus der Haft in Belgrad entlassen, doch ihm wird die Ausreise aus Serbien verunmöglicht. »Er hat offiziell 30 Tage Zeit auszureisen, haben die serbischen Behörden gesagt«, erzählt sein Anwalt, Milan Vuković, im jW-Gespräch. Doch die Polizei betonte, »er soll sofort zum Flughafen fahren. Sie wollen ihn weghaben«, so sein Cousin, Mustafa Bagcicek, der auch nach Belgrad gekommen war, um Piroğlu zu empfangen.

Piroğlu wollte nach Brasilien ausreisen, wo er als türkischer Staatsbürger kein Visum benötigt und es kein Auslieferungsabkommen mit der Türkei gibt. »Dort wäre ich sicher und könnte meine Gesundheit wiedererlangen«, erklärte Piroğlu seine Beweggründe gegenüber jW. Doch für den Swiss-Flug von Zürich nach Brasilien waren keine Tickets mehr zu erwerben. Ein weiterer Versuch, einen Flug am frühen Mittwoch morgen zu bekommen, scheiterte am fehlenden Transitvisum. Kontakte zu den Schweizer Behörden gibt es seit langem, doch die Botschaft in Serbien weigerte sich, ein Transitvisum auszustellen.

Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (BSW), der am Montag für ein Treffen mit dem serbischen Innenminister Ivica Dačić nach Belgrad gereist war, bestätigte gegenüber jW, dass die dortigen Behörden kooperierten: »Sie wollen, dass er das Land verlässt.« Über das Innenministerium sei Kontakt zu spanischen Behörden hergestellt worden. Diese versprachen zunächst ein Transitvisum, machten am Donnerstag morgen jedoch einen Rückzieher. Die geplante Ausreise am Donnerstag unter Begleitung zweier serbischer Beamter, die garantieren sollten, dass Piroğlu den Flieger besteigt, scheiterte daher ebenfalls. »Ohne humanitäres Visum gibt es keine Chance«, so Bagcicek. Doch bis jetzt gibt es kein europäisches Land, das ein solches ausstellt.

Piroğlu war 2021 aufgrund eines Interpol-Haftbefehls in Belgrad festgenommen worden. Ihm droht in der Türkei lebenslange Haft. Er war bei den Gezi-Park-Protesten aktiv und kämpfte in Rojava. Ankara wirft ihm »Terrorismusunterstützung« vor.

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