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Aus: Ausgabe vom 12.07.2024, Seite 8 / Abgeschrieben

»Gefahr eines dritten Weltkrieges«

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Stiller Protest in Washington, D. C.

Sevim Dagdelen, außenpolitische Sprecherin der BSW-Gruppe im Bundestag und Obfrau im Auswärtigen Ausschuss, erklärte am Freitag anlässlich des NATO-Gipfels in Washington:

(…) Kanzler Olaf Scholz und die Ampel machen mit der willfährigen Zustimmung zu Washingtons Raketenplänen Deutschland zur Zielscheibe. Die Bevölkerung sollte in einer Volksabstimmung darüber entscheiden können, ob sie weitere Angriffswaffen der USA auf deutschem Boden haben will oder Abrüstung und allseitige Sicherheit in Europa befürwortet. Die Stationierung von Tomahawk-Marschflugkörpern und anderer US-amerikanischer Angriffswaffen sind kein Beitrag zur Sicherheit in Deutschland und erhöhen die Gefahr eines dritten Weltkrieges. Es ist skandalös, dass die USA Deutschland wie einen US-Flugzeugträger nutzen.

Die Beendigung des Ukraine-Krieges durch einen Verständigungsfrieden ist dringender denn je. Die Festlegung auf einen ›unumkehrbaren Weg der Ukraine in die NATO‹ beim Gipfel in Washington ist kein Beitrag für eine Friedenslösung, sondern das Programm für eine Verstetigung des Krieges. Mit ihren Gipfelbeschlüssen, wie der Etablierung des NATO-Hauptquartiers für die Ukraine in Wiesbaden, geht die NATO immer stärker das Risiko einer direkten Kriegsbeteiligung gegen Russland ein.

Statt Unsummen aus Steuergeldern für immer neue Waffengeschenke an die Ukraine sowie die Entwicklung eigener Langstreckenwaffen zu verpulvern, muss eine verantwortungsvolle Bundesregierung in die Wiederherstellung einer funktionierenden Infrastruktur in Deutschland investieren. Die auf dem NATO-Gipfel beschlossene globale Ausrichtung und Entgrenzung des Militärpakts ist ein völliger Irrweg. (…)

Die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete ärztliche Friedensorganisation IPPNW kritisierte am Freitag die Beschlüsse der NATO zur Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland:

(…) Mit der Ankündigung der Stationierung neuer Mittelstreckenraketen vom Typ Tomahawk in Deutschland sollen erstmals seit dem Abzug der atomaren Mittelstreckenraketen im Jahr 1991 im Zuge des INF-Abkommens wieder Raketen auf deutschem Boden stationiert werden. Tomahawks können mit konventionellen oder atomaren Sprengköpfen bestückt werden. Am 1. Februar 2019 hatten die USA das INF-Abkommen zum Verzicht auf atomare Mittelstreckenraketen aufgekündigt. Zudem ist die Einrichtung eines neuen Ukraine-Kommandos in Wiesbaden ein weiterer Eskalationsschritt, der Deutschland tiefer in den Krieg hineinzieht.

»Der Konflikt um die Entwicklung der sowjetischen SS-20-Raketen und der NATO-Doppelbeschluss hat die Welt an den Rand eines Atomkriegs gebracht. Wer den Krieg verhindern will, muss den Frieden vorbereiten, statt weitere Schritte in Richtung atomarer Eskalation zu gehen«, erklärt die IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen. Die IPPNW fordert als ersten Schritt eine Risikominderung: Die drei westlichen Atommächte USA, Großbritannien und Frankreich sollten gemeinsam mit China auf Russland zugehen und eine Doktrin des Verzichts auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen erklären. Die Verhinderung eines Atomkriegs und die Beendigung des Ukraine-Krieges gehören zusammen und müssen für die Bundesregierung oberste Priorität haben. (…)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (12. Juli 2024 um 08:24 Uhr)
    »Wer den Krieg verhindern will, muss den Frieden vorbereiten …«: Das klingt logisch und ist der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW angemessen. Dagegen hält man sich in den Armeen (vermutlich) aller Staaten der Welt an ein anderes Prinzip. Als Grundwehrdienstler in der Volksarmee der DDR wurde mir und den anderen Genossen zu jeder Gelegenheit eingeschärft: »Wer den Frieden will, muss auf den Krieg besser vorbereitet sein als der Gegner« (kommt mir bekannt vor, B. Pistorius lässt grüßen!). – »Die drei westlichen Atommächte USA, Großbritannien und Frankreich sollten gemeinsam mit China auf Russland zugehen und eine Doktrin des Verzichts auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen erklären«: Die ehemalige Sowjetunion verfolgte bereits dieses Prinzip, das auch von Russland nie explizit außer Kraft gesetzt wurde. Denn wenn es keinen atomaren Erstschlag gibt, von wem auch immer, gibt es auch keinen Atomkrieg. Aber anscheinend ist es erforderlich, W. Putin und dessen Pressesprecher Peskow daran zu erinnern, der in Interviews gern mal verbal mit der Stärke der Atomwaffen seines Landes herumfuchtelt!
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (12. Juli 2024 um 12:47 Uhr)
      Wäre nicht schlecht, wenn Sie aufzählten, welch Staaten/Organisationen den Erstschlag in ihrer Militärdoktrin aufführen. Meines Wissens hat bisher genau ein Land zwei Atombomben geworfen. Es war weder die Sowjetunion noch Russland.
      • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (12. Juli 2024 um 15:49 Uhr)
        Wäre nicht schlecht, wenn Sie meinen Leserbrief nochmal, diesmal etwas genauer, lesen würden. – Was Sie als »Militärdoktrin« unterstellen (vermutlich: »Wer den Frieden will, muss auf den Krieg besser vorbereitet sein als der Gegner«) nimmt an keiner Stelle auf einen Atomerstschlag Bezug. Auch dass die USA zum Ende des zweiten Weltkriegs die beiden Atombomben abwarfen, habe ich nirgends in Frage gestellt. Fest steht allerdings auch, dass die USA danach und bis heute keine weitere A-Bombe auf einen Staat, auch nicht auf die Sowjetunion/Russland, abwarfen. – Woran ich mich erinnerte, war die Aussage von Putins Pressesprecher Peskow, der vor einigen Tagen von einer Journalistin gefragt wurde, ob Russland auch weiterhin auf den Ersteinsatz von Atomwaffen verzichten wird. Die Antwort war weder ja noch nein, nur ein leichtes Schulterzucken. Wahrscheinlich hatte er von Putin noch keine Freigabe, Genaueres zu sagen. Sagt das nicht genug?

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