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Aus: Ausgabe vom 12.07.2024, Seite 10 / Feuilleton
Theater

Eine Drachme für die Pumps von Herakles

Eine Kampagne soll eine erneute Aufführung von Peter Hacks’ Stück »Omphale« ermöglichen
Von Tim Meier
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Das historisch Notwendige: Peter Wittig inszenierte mit dem Simon-Dach-Theater Peter Hacks’ »Omphale« (2023)

Das Säbelrasseln wird lauter: Es droht wieder der Atomkrieg, der Todesatem des Imperialismus. Gleichzeitig werden die Geschlechter in Frage gestellt und neu konstruiert. Der Dichter Peter Hacks würde müde gähnen – das kannte schon das alte Lydien. Mit seinem Drama »Omphale« behandelt Hacks die Zusammenhänge von Gesellschaft und Geschlecht in der Antike, weil sie heute relevant sind. Die Titelfigur ist weniger bekannt als schöne lydische Königin, denn als Ehefrau des Herakles, den sie einst als Sklaven kaufte. Als Knecht war Zeus’ Sohn höchstselbst nicht nur der Lust seiner Herrin, sondern auch ihren Scherzen ausgeliefert. Der Held aller Helden trug Frauenkleider, spann Wolle und wurde geschminkt, bis er nach Zeugung von Lydiens Herakliden das Weite suchte.

In Hacksens Bearbeitung tauschen Omphale und Herakles Kosmetik und Keule, um sich über ihr bisheriges Dasein hinaus zu verwirklichen. Wäre da nicht der alles verpestende Atem des Ungeheuers Lityerses, das nicht nur das Königreich, sondern auch die Liebe der beiden bedroht. Ihn zu besiegen heißt für Herakles, die alte Heldenhaut noch mal überzustreifen, während Omphale ihre Weiblichkeit mittels Geburt annehmen muss. Hacks zeigt so, dass für die Utopie der Zukunft das in seiner Zeit Machbare auszureizen und zugleich zu bewahren ist.

Regisseur Peter Wittig inszenierte im vorigen Jahr das Stück mit der Berliner SiDat!-Theatergruppe sechsmal an der Neuen Bühne Friedrichshain mit beachtlichem Erfolg. Nun soll das Drama zur 17. Tagung der Peter-Hacks-Gesellschaft im November in der Reihe »Kommentierte Werke in Einzelausgaben« des Aurora-Verlags neu erscheinen. »Eine schöne Königin und ein berühmter Held entbrennen in merkwürdigster Liebe zueinander und retten die Menschheit. Vergleichbares gab es lange auf keiner Bühne«, meint Verleger Matthias Oehme. Da bietet es sich an, Wittigs Inszenierung erneut aufzuführen.

Allein: In Zeiten, in denen die Kunst den Kanonen geopfert wird, gibt es dafür keine Förderung. Deshalb werden nun mit einer Onlinekampagne Spenden gesammelt, jede Drachme wird gebraucht. Als Dankeschön warten verschiedene Geschenke je nach Spendenhöhe. Regisseur Peter Wittig ermutigt mit den Worten Che Guevaras: »Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche! Wir hören nicht auf zu hoffen, dass wir die Mittel zusammenbekommen.«

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