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Aus: Ausgabe vom 15.07.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Kambodscha

Harte Strafen für Klimaaktivisten

Gericht in Kambodscha verurteilt zehn Umweltschützer zu mehrjähriger Haft
Von Thomas Berger
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Klimaschutzaktivisten reagierten schockiert auf das Urteil gegen ihre Genossen

In Kambodscha bleibt der Grundtenor staatlichen Handels, mit Härte gegen jeden Versuch von Kritik vorzugehen. Verschwörung gegen die Regierung und in einigen Fällen angebliche Majestätsbeleidigung wurden zehn Mitgliedern der Umweltorganisation »Mother Nature Cambodia« vorgeworfen. Sie wurden vor rund zwei Wochen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Drei der Angeklagten sollen für acht, die anderen für sechs Jahre ins Gefängnis.

Das Urteil im Prozess gegen die Aktivisten war nach weniger als einem Monat gesprochen. »Wir sind unschuldige Menschen und wirken, um die nationalen Interessen zu schützen«, hatte die angeklagte Aktivistin Long Kunthea am Morgen vor dem Prozessauftakt erklärt. Wenn das Gericht entscheide, die Klimaschützer ins Gefängnis zu bringen, »so danken wir all jenen Menschen, die uns Gerechtigkeit widerfahren lassen«. Das Gericht werde ihnen niemals Gerechtigkeit geben.

Die Aktivisten hatten sich mit öffentlichen Aktionen und Protestmärschen etwa für die Bewahrung der Landschaft um den Tamok-See, des größten Seengebiets in Phnom Penh eingesetzt. Der See wird seit mehreren Jahren immer weiter aufgeschüttet und verkleinert, obwohl das Feuchtgebiet unter Schutz steht. Viele Familien verlieren nach Aufschüttung und Privatisierung der Seeflächen ihren Lebensraum, der in der Trockenzeit auch landwirtschaftlich genutzt wurde.

Der Gründer von »Mother Nature Cambodia«, der Spanier Alejandro González-Davidson, erhielt in Abwesenheit eine Strafe von acht Jahren Gefängnis sowie eine Geldstrafe von umgerechnet 2.500 US-Dollar. Ihm wird Verschwörung und Beleidigung des Königs nach Artikel 453 und Artikel 437 des kambodschanischen Gesetzes vorgeworfen. Gonzáles-Davidson wurde jedoch bereits 2015 ausgewiesen und darf das Land nicht mehr betreten. Auch die Aktivisten Yim Leanghy und Sun Ratha erhielten die höchste beim Prozess verhängte Strafe, berichtete die Menschenrechtsgruppe Licadho. Die Verurteilten seien im Anschluss »gewaltsam« in Haft genommen worden.

Einige der Umweltschützer hatten bereits bis zu 14 Monate im Knast gesessen, bis sie im November 2021 auf Kaution freikamen. Gemäß ihren Auflagen durften sie sich nicht weiter aktivistisch betätigen, durften sich nur eingeschränkt bewegen und mussten sich regelmäßig behördlich melden. Die 22jährige Aktivistin Phun Keoraksmey, erklärte im Anschluss an ihre Verurteilung gegenüber ABC News, sie habe nichts falsch gemacht und werde nicht »vor meiner Verantwortung davonlaufen«. Sie habe diesen Weg gewählt.

Anstelle zuzuhören, habe sich die kambodschanische Regierung entschieden, »jene ins Gefängnis zu stecken, die offen zu reden wagen«, erklärte Amnesty International in einer Stellungnahme. In einer gemeinsamen Erklärung zeigten sich auch fünf Sonderberichterstatter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte. Beim Prozess gegen die Aktivisten handle es sich um keinen Einzelfall, kritische Stimmen mundtot machen zu wollen. Die Verurteilten müssten »sofort und bedingungslos freigelassen werden«.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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