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Abschalten, aufschalten, wegschalten

Von Pierre Deason-Tomory
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Sie schreibt so gern: Die belgische Autorin Amélie Nothomb

Drei Meldungen aus dem Äther: Die türkische Rundfunkbehörde hat Açık Radyo, einem viel beachteten freien Radio für Istanbul und Region, die Sendelizenz entzogen. Anlass war der angebliche Verstoß gegen ein befristetes Ausstrahlungsverbot, das nach einer Erwähnung des Völkermords an den Armeniern erlassen worden war. Noch ist Açık Radyo auf UKW zu hören, gegen die Abschaltung hat der Sender rechtliche Mittel eingelegt.

Für die Region Hannover wird die Bürgerradiofrequenz auf 106,5 UKW neu ausgeschrieben, bewerben können sich Interessierte bis zum 3. September bei der Niedersächsischen Landesmedienanstalt. Zuletzt hatte Radio Leinehertz hier ein politisch unverdächtiges Programm veranstaltet, bis dem Sender die Lizenz 2019 wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten entzogen wurde. Vor 2009 war das linke Radio Flora Inhaber der Bürgerradiofrequenz, diesem war die Lizenz unter dem Vorwand entzogen worden, eine zu geringe Hörerakzeptanz zu erreichen. Flora sendet seitdem im Netz.

Ein Programm für Kretins, die von der Pizza nur den Belag naschen, hat Privatfunkveteran Holger Richter (u. a. RTL Radio, Energy Berlin) auf seiner Retortensenderhomepage Perfect-Radio.com gestartet. Es heißt »Perfect Potpourri« und ist ein unmoderierter Mix aus sogenannten »Hooks« von Superhits, also den 15 oder 20 Sekunden langen Höhepunkten der Titel. Ein Hörversuch ergab: Nach zehn Minuten bist du fix und fertig.

Zehn Vorschläge für die Radiowoche: Aus dem Nachlass der im Januar verstorbenen Salzburger Schriftstellerin Helena Adler wird in den »Radiogeschichten« gelesen, wir hören Michou Friesz mit einer Passage aus  »Ein guter Lapp in Unterjoch«, einem der drei Texte aus dem jüngst erschienenem Band »Miserere« (Mi., 11.05 Uhr, Ö 1). Das Hörstück »Kontinuum 2024: Der springende Punkt« von Rosa Barba und Jan St. Werner ist eine sich andauernd verändernde Collage, die eine KI aus Radiodokumenten der letzten 100 Jahre zusammenköttert (Do., 23.03 Uhr, Ö 1). Stub’nmusi mit Staubsauger, Mixer und Zitherquartett? In »Volksmusik im Spiegel der Neuen Musik« arrangiert die »Passage« beabsichtigte Zusammenstöße zweier ungleicher Genres (Fr., 20 Uhr, SRF 2 Kultur). Einen unerfreulichen Kulturclash erlebt Oscar Talero, ein Angehöriger des Volkes der Qom in Argentinien, beim Besuch einschlägiger deutscher Sammlungen. Davon erzählen  »Indigene Stimmen im Museum« von Tobias Mönch (WDR 2024, Sa., 12.04 Uhr, So., 15.04 Uhr, WDR 3).

Wer im »Bayern 2-Salon« aus dem Roman »Das Buch der Schwestern« liest (Sa., 14.05 Uhr), den Amélie Nothomb unlängst veröffentlicht hat, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, weil die Kollegen beim BR gerade streikten. Wir senden solidarische Grüße! Am Sonnabend abend hat das Publikum die Wahl zwischen Wiener Staats- und ARD-Einheitsoper. An der Ringstraße wurde im Juni Mozarts  »Così fan tutte« aufgezeichnet (19.05 Uhr, DLF Kultur), bei den Schwetzinger Festspielen im April »Der Doppelgänger«, eine neue Oper von Lucia Ronchetti nach Dostojewskis Roman (20 Uhr, auf fast allen ARD-Kulturradios). Der Jugendbuchbestseller »Ihr mich auch« von Pia Herzog liegt jetzt als zweiteiliges Hörspiel vor (WDR 2024, So., 7.04 Uhr, WDR 5). Zwei längere Serien starten auch noch: mit Folge eins und zwei von 28 die Familiensaga »Die Grandauers und ihre Zeit« von Willy Purucker (BR 1980, So., 15.05 Uhr, Bayern 2) und mit der ersten von vier Episoden der Naziatombombenthriller »Das Klingsor-Paradox« von ­Jorge Volpi (WDR 2002, So., 19.04 Uhr, WDR 3).

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

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