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Aus: Ausgabe vom 17.07.2024, Seite 10 / Feuilleton

Lindenberg, Lange, Troegner

Von Jegor Jublimov
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Franziska Troegner und Dieter Hallervorden in »Volpone« (Berliner Schlosspark-Theater, 29.11.2017)

Eine »beachtliche Charakterstudie« bescheinigte jW der Schauspielerin Brigitte Lindenberg, als vor zehn Jahren ihr einst missliebiger Defa-Film »Sommerwege« (1960) endlich zur Uraufführung gelangte. In dem Werk über Umbrüche in der Landwirtschaft spielte sie die Frau des LPG-Vorsitzenden (Rudolf Ulrich). Ob die 90jährige Lindenberg die Kritik noch gelesen hat, weiß man nicht. Sie starb wenige Monate später und wäre am heutigen Mittwoch 100 Jahre alt geworden. Die gebürtige Stettinerin zählte seit den 50er Jahren in der DDR zu den Nebendarstellerinnen, die manchem Film erst die richtige Würze verliehen. Sie spielte u. a. Wilhelm Piecks Ehefrau Christine in dem Fernsehspiel »Tage im Januar« (1968). Bis 1991 folgten rund 80 Produktionen vor der Kamera, so im »Polizeiruf 110« und dem Vorgänger »Blaulicht«. 1987 fiel sie in der »Polizeiruf«-Folge »Der Tote zahlt« als allzu fordernde Mutter von Hans-Uwe Bauer auf. Ihr Mann Lothar Bellag besetzte sie mehrfach, etwa in Helmut Sakowskis »Daniel Druskat« (1976) oder Alexander Gelmans »Rückkopplung« (1977).

Am Montag vor 80 Jahren wurde im sächsischen Ebersbach Bernd-Lutz Lange geboren, der in Zwickau aufwuchs, wo er heute Ehrenbürger ist. Der Buchhändler war Sänger in drei Bands, bevor er 1966 das Studentenkabarett »Academixer« in Leipzig aus der Taufe hob und 22 Jahre lang als Autor und Darsteller mitprägte, ehe er mit seinem Mitstreiter Gunter Böhnke als Duo auftrat. Später feierte er Erfolge mit Katrin Weber im Duett. »Alte Bekannte können neue Fremde sein«, gehört zu seinen spöttelnden Aphorismen. Auch als Buchautor, z. T. mit autobiographischem Einschlag, ist er hervorgetreten. Als einer der »Sechs von Leipzig«, die im Herbst 1989 für den friedlichen Verlauf der Massendemonstrationen sorgten, genießt er hohe Anerkennung.

Eine Kabarettistin im weitesten Sinne ist auch Franziska Troegner. Die Tochter von Werner Troegner wirkte im Nachwuchsstudio der »Distel« mit, tanzte und sang mit Helga Hahnemann in der TV-Unterhaltung, und ihre Sketche mit Diether Krebs und Dieter Hallervorden sind in guter Erinnerung. Hallervorden, Chef des Berliner Schlossparktheaters, erinnerte sich an die einzigartige Darstellungskunst der Troegner und gab ihr Rollen in Stücken wie »Einer flog übers Kuckucksnest«. Immerhin war sie jahrelang in Brecht-Werken wie »Der kaukasische Kreidekreis« und »Dreigroschenoper« am Berliner Ensemble umjubelt worden. Letztlich brachte ihr das auch einen Hollywood-Vertrag ein. In »Charlie und die Schokoladenfabrik« (2005) spielte sie neben Johnny Depp. Nicht schlecht. Im DFF hatte sie bereits Hauptrollen verkörpert, darunter in »Hochzeit in Weltzow« (1979, nach Günter de Bruyn) und »Anna und das Familiengespenst« (1980, nach Erdmann Graeser). Beachtlich auch ihre Darstellung der Anna Magdalena Bach neben ihrem damaligen Mann Ulrich Thein als Johann Sebastian Bach in einem Vierteiler von Lothar Bellag. Weil sie am Donnerstag 70 wird, geht sie jetzt lieber auf Reisen als zum Set, aber mit ihren Leseprogrammen können wir sie bald wieder erleben.

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