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Aus: Ausgabe vom 18.07.2024, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Falsche Brille

Zu jW vom 12.7.: »Cherchez la femme«

Tja, das kommt heraus, wenn ein westdeutscher Biograph die DDR-Literatur ausschließlich durch die heute gängige DDR-abwertende Brille betrachtet. Brigitte Reimann war nun mal eine DDR-Schriftstellerin durch und durch, der man damit nicht gerecht werden kann. Interessierten empfehle ich die Lektüre des Briefwechsels zwischen Reimann und dem bekannten Architekten ­Hermann Henselmann (»Mit Respekt und Vergnügen«, Aufbau-Verlag, Taschenbuch, Berlin 2001), in dem Henselmann unser (auch mein!) damaliges Lebensgefühl auf den Punkt bringt. Leider wird das der von seinen Vorurteilen beherrschte Gießener Professor Gansel, da stimme ich völlig mit der Autorin Cristina Fischer überein, nie auch nur ansatzweise begreifen können.

Mit Bezug auf Reimanns wichtigstes und in der DDR wohl umstrittenstes Buch »Franziska Linkerhand« schreibt Henselmann nämlich folgendes: »Es geht um Energie, um Chemie, um Stahl. Der jungen Architektin geht es um die Menschen, die das alles produzieren, und um die Vollendung der Stadt, um Schönheit und Gestalt, um Heimat (…) Dieser ›unvernünftige‹, hohe Anspruch an sich selbst (…) trifft nach meiner Erfahrung genau die Grundhaltung vieler junger Menschen in unserer Republik. Es ist jene Unbedingtheit, die wir in den zurückliegenden fünfundzwanzig Jahren schließlich selbst erzeugt haben. Der Heroismus der Vergangenheit – sei es überholtes Neuerertum oder Spanienkampf und KZ – wird gewiss respektiert, aber in seiner Vorbildwirkung nur akzeptiert, wenn er sich gleichzeitig als motorische Kraft in der Bewältigung der Gegenwart zu erkennen gibt. Die gleiche kritische Haltung zeigt sich auch gegenüber der Etikettierung mit der Vokabel ›sozialistisch‹ für alles und jedes, was unsere gebaute Umwelt betrifft. Vor allem, wenn dieses Attribut (…) dazu dient, kritische Einschätzungen zu behindern.« (Aus dem originalen Briefwechsel S. 96 ff.: H. Henselmann »Bemerkungen zu ›Franziska Linkerhand‹«, veröffentlicht in Die Weltbühne, Nr.35/1974).

Frieder Hofmann, Leipzig

Quittung

Zu jW vom 4.7.: »Gysi zieht Notbremse«

Verständlicherweise wächst der Druck auf die Parteispitze. Die sehr von mir geschätzte Gesine Lötzsch versagt sich der kommenden Wahlniederlage der Linken im Bundestag und in den neuen Bundesländern. Die mündigen Wählerinnen und Wähler haben es endgültig satt, dass sich die Linken mehr mit sich selbst als mit den überlebenswichtigen Problemen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort beschäftigen. Eine solche Partei wird nicht mehr gebraucht. Da hat es das BSW von Sahra Wagenknecht noch leichter, zwei Drittel der Linken-Stimmen abzugreifen. Was hätte der erste SPD-Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt wohl dazu gesagt: Mehr Demokratie wagen? Oder: Mehrheit ist Mehrheit?

Es ist schon traurig, was aus den demokratischen Linken geworden ist: ein reiner egoistischer Karriereverein, wie bei Grünen, FDP, SPD und Union. Kein Wunder, dass Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht Reißaus genommen haben – und sie streiten sich munter weiter. Wer so überheblich das linke Gedankengut verrät, der muss sich über die Quittung der mündigen Wählerinnen und Wähler keinesfalls wundern.

Klaus Jürgen Lewin, Bremen

Begrenzungen

Zu jW vom 15.7.: »Klimaregeln zum Trotz«

(…) Seit Jahrzehnten stößt die Straßenverkehrs­sicherheit auf ein nur geringes Interesse bei Politik, Medien und Umweltverbänden. Nach den kürzlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten für 2023 ist die Zahl der Getöteten nach vielen Jahren des Rückgangs erneut gestiegen, gegenüber 2022 um 1,8 Prozent auf 2.839. Die Zahl der getöteten Fahrradfahrer ist in den vergangenen Jahren sogar überproportional gestiegen. Täglich sterben statistisch etwa acht Personen auf unseren Straßen. Deshalb sind nicht nur drastische Geschwindigkeitsbegrenzungen, wie in prinzipiell allen Staaten der EU und in der Welt, erforderlich, es muss auch eine Pflicht zum Tragen von Fahrradhelmen geben, zumindest für Kinder und E-Bike-Fahrer.

Klaus Peters, Sankt Peter-Ording

Untergeschoben

Zu jW vom 15.7.: »Trump bei Attentat angeschossen«

Jetzt ist dem vorbestraften Kriminellen der Wahlsieg wohl kaum noch zu nehmen. Selbst wenn für den Clinton-Obama-Biden-Clan Michelle Obama ins Rennen ginge (…) es dürfte zu spät sein. Die von Obama verkündete, aber zugunsten des NATO-Vormarsches in den Osten Europas nie konsequent umgesetzte »Hinwendung nach Asien« (Pivot to Asia) könnte nun Fahrt aufnehmen, das Verhältnis der Militärhilfe einerseits für die Ukraine, andererseits für Taiwan, die Philippinen, Südkorea sowie Australien und Neuseeland sich umkehren.

Als cleverer Geschäftsmann wird Trump vielleicht versuchen, Russland freie Hand für die Ukraine, Georgien und Moldawien zu geben, um mit diesem »Handel« die Allianz mit China und die Unterstützung für Kuba, Venezuela und ­Nicaragua zu »knacken«. Denn eins dürfte feststehen: Viel friedlicher wird es nicht zugehen – jedenfalls wenn der Kandidat seine Amtseinführung überhaupt erlebt.

Auf die EU kommen da harte Zeiten zu, wenn sie ihre Ostexpansion nicht an den Nagel hängen will. Schon sammeln sich im Donau-Balkan-Raum die Gegenkräfte. Vielleicht werden ja auch die Deutschen endlich wach, denen ohne Not und ohne selbst nur parlamentarische Debatte nuklearwaffenfähige Mittelstreckenraketen der USA namens »Dark Eagle« untergeschoben werden sollen.

Volker Wirth, Berlin

Täglich sterben statistisch etwa acht Personen auf unseren Straßen. Deshalb sind nicht nur drastische Geschwindigkeitsbegrenzungen erforderlich, es muss auch eine Pflicht zum Tragen von Fahrradhelmen geben, zumindest für Kinder und E-Bike-Fahrer.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!