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Aus: Ausgabe vom 18.07.2024, Seite 16 / Sport
Fußball

Wenn Fäuste fliegen

Skandale und kein Ende: Die 48. Copa América und die Folgen
Von André Dahlmeyer
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Hübsch was los vor dem Copa-América-Finale Argentinien vs. Kolumbien (Miami, 14.7.2024)

Organisatorisches Chaos, eklatante Sicherheitsmängel. Doch es kommt immer noch was obendrauf, was die Skandale der gerade zu Ende gegangenen 48. Copa América in den USA anbelangt. Am späten Montag (Ortszeit) wurde von einigen Medien kolportiert, weshalb der Präsident der Federación Colombiana de Fútbol (FCF), Ramón Jesurún, bei der Preisverleihung nach dem verlorenen Finale gegen Weltmeister Argentinien (0:1 nach Verlängerung) fehlte – und seinen Kickern die Silbermedaillen nicht umhängen konnte.

Nachdem Jesurúns Sohn Ramón Jamil (43) in einem Fahrstuhl mit der Private Security aneinander geraten war, hatte sich Vater Jesurún (71), als Vizepräsident des südamerikanischen Kontinentalverbands Conmebol auch FIFA-Funktionär, handgreiflich eingemischt. Fäuste gegen Tonfas (Schlagstöcke mit Quergriff). Videoschnipsel in Social Media zeigen die Szene, bei der auch Frauen und Kinder anwesend waren und in Panik gerieten. Vater und Sohn waren zusammen mit Familienangehörigen auf dem Weg zur Siegerehrung im Innenraum des Hard Rock Stadium in Miami gewesen, die Sicherheitskräfte, die die beiden offensichtlich nicht kannten, wollten sie nicht passieren lassen. Dann ging es los. Familie ­Jesurún muss nun erst mal vors Kautionsgericht.

Über ähnliche Probleme berichteten diverse Spieler der argentinischen Nationalmannschaft. Höchstpersönlich mussten sie das Stadion verlassen, damit geladene Familienangehörige hinein konnten. Chaotischer geht’s nicht. Dass ausgerechnet Argentinien und Kolumbien ins Endspiel durften, war ja im Grunde schon seltsam genug. Bei der WM 1994 hatte die CIA die Anweisung, die Auswahl Kolumbiens und den Spieler Diego Armando Maradona aus dem Turnier »zu entfernen«, brutalstmöglich umgesetzt.

Sportlich zwar stark, ist die Copa América als organisatorische Generalprobe für die in zwei Jahren hauptsächlich in den USA stattfindende WM jedenfalls fulminant gescheitert. Dem Balltretverband Conmebol fiel zu den Gewaltorgien der »Sicherheitsexperten« während der Copa prompt nichts Besseres ein: »Wir bedauern, dass die von böswilligen Menschen verübten Gewalttaten ein Finale getrübt haben, das ein großes Fest des Sports werden sollte.« Kein Wort zu den Menschenjagden durch die Polizei vor dem Stadion und drumherum, keinerlei Unrechtsbewusstsein. »Sie geben Pressekonferenzen und sagen: ›Nein, die Plätze sind perfekt, die Trainingsplätze sind perfekt.‹ Ich habe Fotos, die zeigen, dass das alles Lügen sind. Jetzt habe ich alles gesagt, was ich eigentlich nicht sagen wollte«, bemerkte Uruguays Nationaltrainer Marcelo Bielsa zum Thema Organisation. Brasiliens Flügelspieler Vinícius Júnior und Argentiniens Trainer Lionel Scaloni hatten ebenfalls scharfe Kritik geübt.

Vor dem Spiel um Platz drei (Kanada vs. Uruguay) schoss Bielsa scharf gegen die Conmebol – »Eine Schande!« –, weil sie gegen zehn Kicker der Charrúas Disziplinarverfahren eingeleitet hatte, nachdem diese nach dem Halbfinale gegen die Cafeteros auf den Tribünen unter Einsatz ihres Lebens Familienangehörige verteidigt hatten. Dass Teile der Presse die Disziplinarverfahren bejubelten, bezeichnete Bielsa als »Komplizenschaft«. Der uruguayische Fußballverband AUF, selbst kein Hort der Demokratie, hat bis zum 18. Juli Zeit, Einspruch zu erheben. Sollte es neben den zu erwartenden drastischen Geldstrafen auch zu sportlichen Sanktionen kommen, worum es Bielsa hauptsächlich geht, müssten die Strafen in der laufenden WM-Qualifikation »abgesessen« werden, was zu einer empfindlichen Wettbewerbsverzerrung führen würde. Mit historischen Siegen gegen Brasilien und in Argentinien ist Bielsas Uruguay derzeit nämlich in Südamerika das Maß aller Dinge.

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