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Aus: Ausgabe vom 19.07.2024, Seite 7 / Ausland
Gazakrieg

Israels heißer Norden

Gefechte mit Hisbollah: Seit Oktober Hunderte Menschen im Libanon getötet
Von Karin Leukefeld, Beirut
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Die Bombardements an der Grenze haben auch Brände verursacht und Farmen zerstört (Jezzine, 9.7.2024)

Der Dienstag war »Tag 284« im Gazakrieg. Auch im Libanon wird der Krieg in Tagen gezählt, auch im Libanon sind Menschen auf der Flucht und sterben. Häuser, Ställe, Weiden, Wald, Oliven- und Obstplantagen werden vernichtet. Weißer Phosphor verbrennt die Natur und vergiftet Ackerland auf lange Zeit.

Nach Angaben der UN-Nothilfekoordination OCHA wurden seit Beginn des Gazakrieges im Libanon 98.000 Personen vertrieben, 51 Prozent von ihnen sind Frauen. Die Zahl der Todesopfer liegt dem Bericht von Dienstag zufolge bei circa 460, mehr als 1.400 Personen wurden verletzt. Die meisten Toten sind Kämpfer der Hisbollah, der Amal-Bewegung oder palästinensischer Organisationen. Mindestens 100 Tote sind Zivilisten. Am 8. Juli wurden bei einem israelischen Luftangriff auf einen Bauernhof in Dschebel Tora, Dschesin (Bekaa-Ebene), mehr als 800 Tiere getötet, darunter Kühe, Schafe, Ziegen.

Am 8. Oktober 2023 hatte die Hisbollah mit Angriffen auf die israelische Armee begonnen, um den palästinensischen Widerstand in Gaza zu unterstützen. Die als »Entlastung« bezeichneten Angriffe haben der israelischen Armee, ihren Basen und den militärischen Überwachungssystemen entlang der »Blauen Linie«, die eine von den UN markierte Waffenstillstandslinie bezeichnet, erheblichen Schaden zugefügt. Mindestens 60.000 Israelis wurden aus den in Galiläa liegenden Ortschaften und Siedlungen evakuiert.

Eine Untersuchung von ACLED (Armed Conflict Location and Event Data Project mit Sitz in den USA) hat bis zum 21. Juni insgesamt 7.400 gegenseitige Angriffe dokumentiert. 83 Prozent davon (ungefähr 6.140) gingen von Israel aus und töteten mindestens 540 Personen im Libanon. Der libanesische Widerstand von Hisbollah und anderen Gruppen war demnach für etwa 1.260 Angriffe verantwortlich, dabei starben auf israelischer Seite mindestens 21 Personen.

In der Nacht zu Mittwoch feuerte die Hisbollah nach eigenen Angaben 80 Raketen auf Kirjat Schmona, auf das Hauptquartier des israelischen Al-Sahl-Bataillons in Beit Hillel, auf Kabri sowie die Siedlungen Kfar Hoshen, Or Haganuz, Bar Yohai und Meron. Die Angriffe waren nach Angaben der Hisbollah die Antwort auf israelische Angriffe, bei denen fünf Zivilisten getötet worden waren, darunter drei Kinder. Im Südlibanon wurden seit Beginn des Syrien-Krieges 2011 viele Flüchtlingsfamilien aus dem Nachbarland aufgenommen. Nach Beginn des Gazakrieges fanden diese Familien keine Möglichkeit, sich woanders in Sicherheit zu bringen.

Hassan Nasrallah, Generalsekretär der Hisbollah, wandte sich am Mittwoch in einer Rede direkt an die israelische Armee und sagte: »Wenn Ihre Panzer in den Libanon, in die südlichen Gebiete fahren sollten, brauchen Sie sich über einen Mangel an Panzern keine Sorgen mehr zu machen – es werden keine Panzer mehr da sein.« Die Angriffe gegen Israel würden enden, sobald es einen Waffenstillstand in Gaza gebe, dem der palästinensische Widerstand zugestimmt habe, wiederholte Nasrallah die bekannte Position der Hisbollah. »Wenn es zu einem Waffenstillstand kommt, liegt die Verantwortung für Verhandlungen und Antworten beim libanesischen Staat.«

Sollte Israel allerdings weiter die Zivilbevölkerung im Südlibanon angreifen, werde auch die Hisbollah ihre Angriffe in Israel ausweiten, so Nasrallah. Dann würden die Raketen der Hisbollah auch Siedlungen ins Visier nehmen, die bisher noch nicht von der israelischen Armee evakuiert worden seien.

Die USA wollen die militärische Zusammenarbeit mit ihrem Verbündeten stärken. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und sein israelischer Kollege Joaw Gallant hätten sich über die aktuelle Lage ausgetauscht, teilte das Pentagon am Dienstag (Ortszeit) in Washington mit. Man habe auch über Möglichkeiten zur Verbesserung der militärischen Zusammenarbeit zwischen den USA und Israel gesprochen. Das US-amerikanische amphibische Angriffsschiff »USS Wasp« steht seit Ende Juni vor der Küste des Libanon im östlichen Mittelmeer bereit. Die amphibischen Einsatzgruppen und 2.200 Sondereinsatzkräfte und Matrosen sind unter anderem für die Evakuierung einer großen Zahl von US-Bürgern aus Konfliktgebieten ausgebildet.

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