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Aus: Ausgabe vom 19.07.2024, Seite 11 / Feuilleton
Kommunikation

Ist doch bloß ein kleiner Fuchs: Zeichensprache

Von Marc Hieronimus
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Pommesgabel in Wacken

Alle schimpfen, seit dieser türkische Fußballspieler dieses Handzeichen gemacht hat, nur die Kindergartenkinder sind verunsichert – wenn die Michaela in der Bärengruppe den Leisefuchs zeigt, heißt das nur: Hört auf zu quatschen. Unter Festivalgängern und anderen Krachnarren ist der Leise- mehr ein Lautfuchs und wird als Metallhand oder Pommesgabel bezeichnet, in Italien nennt man sie »Mano cornuta«. Die sagt dem Gesprächspartner, dass er der Gehörnte sei, wobei nicht der Teufel, sondern der von seiner Frau Betrogene gemeint ist.

Es zeigt sich also, dass nicht nur verbale Äußerungen – Sprache, wie wir sie kennen –, sondern auch nonverbale sehr verschieden interpretiert werden kann. Zum Beispiel zählt man nicht überall gleich mit den Fingern. In Quentin Tarantinos Film »Inglourious Basterds« verrät Lieutenant Hicox unbeabsichtigt seine nichtdeutsche Herkunft, indem er drei Bier mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger bestellt, danach beginnt das Massaker. Wenn die Chinesin acht Bier bestellt, passiert etwas in mancher Augen vergleichbar Schlimmes: Sie bekommt nur zwei.

Eine unter semiotisch bewanderten Autofahrern beliebte Geste ist das aus Zeigefinger und Daumen geformte »O«, und zwar interessanterweise gerade wegen ihrer Uneindeutigkeit. »Alles in Ordnung« oder doch nur ein Verweis auf die Ähnlichkeit des anvisierten Verkehrsteilnehmers mit der von der Natur für das Ausscheiden von Stoffwechselabfall vorgesehenen hinteren Körperöffnung? Also besser Daumen hoch? Das wird in manchen Ländern dahingehend verstanden, dass man ihn sich in besagte Öffnung stecken möge, frei nach dem Motto, es reimt nicht, aber es dichtet.

Auch das Paraverbale, also Stimmlage, Sprechtempo, Lautstärke, Tonfall, hat Bedeutung, wie besonders langjährige Paare wissen, und zwar in jeder Kultur, vielleicht in jedem Haushalt eine eigene. Gar nicht kommunizieren geht nach dem Kommunikationstheoretiker Paul Watzlawick aber auch nicht. Universal verständlich dürfte fast nur ein ehrliches Lächeln sein, sagt aber nicht immer genau, was man vermitteln möchte.

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