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Aus: Ausgabe vom 19.07.2024, Seite 16 / Sport
Schach

Fünf Runden vor Ultimo

So läuft es auf der Grand Chess Tour
Von Sören Bär
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Der Kulminationspunkt: Maxime Vachier-Lagrave opfert mit 19.Txe6! effektvoll die Qualität

Die Grand Chess Tour (GCT) ist eine Serie hochkarätiger Schachturniere, die am 24. April 2015 im Rahmen eines Schaukampfes von Garri Kasparow gegen Nigel Short im Saint Louis Chess Club (USA) aus der Taufe gehoben wurde. Kasparow gab den Impuls, er orientierte sich am Vorbild der von 1988 bis 1991 existierenden legendären Weltcupturniere, und ist bis heute einer ihrer Motoren. Die GCT kombiniert gleich drei Turnierformate: klassische Bedenkzeit (Classic), Schnellschach (Rapid) und Blitzschach (Blitz). Die attraktiven Preisgelder ziehen die weltbesten Spieler an – so auch den norwegischen Weltranglistenersten Magnus Carlsen, dem schon zweimal der Gesamtsieg gelang. In diesem Jahr stehen fünf Turniere in vier Städten auf dem Programm: Schnellschach und Blitz in Warschau (Polen), klassisches Schach in Bukarest (Rumänien), Schnellschach und Blitz in Zagreb (Kroatien), Schnellschach und Blitz in St. Louis (USA) sowie klassisches Schach ebenfalls in St. Louis. Bei allen Turnieren duellieren sich zehn Spieler, wobei ein Vertreter des Gastgebers eine Wildcard erhält. Als Titelverteidiger ging der 31jährige Fabiano Caruana (USA), WM-Herausforderer 2018, ins Rennen.

Das »Superbet Rapid & Blitz Poland« vom 7. bis 12. Mai 2024 in Warschau hatte Magnus Carlsen vor Wei Yi (China) und Jan-Krzysztof Duda (Polen) für sich entschieden. Von Ende Juni bis Mitte Juli kamen zwei Turniere nacheinander zur Austragung. Das »Superbet Chess Classic Romania« vom 25. Juni bis zum 6. Juli 2024 in Bukarest sah ein totes Rennen von vier Spielern mit fünf Punkten: Fabiano Caruana, Alireza Firouzja (Frankreich), Rameshbabu Praggnanandhaa und Dommaraju Gukesh (beide Indien). Caruana hatte nach acht Runden die alleinige Führung inne, verlor aber im Schlussdurchgang gegen Anish Giri (Niederlande). Er ließ sich jedoch nicht beirren und gewann den Schnellschach-Tiebreak vor Firouzja und Praggnanandhaa.

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Hat einen guten Lauf: Fabiano Caruana

Der Tross zog direkt zum »Super United Rapid & Blitz Croatia« vom 9. bis 14. Juli 2024 nach Zagreb weiter. Während an den ersten drei Tagen je drei Schnellpartien mit 25 Minuten Bedenkzeit und zehn Sekunden Inkrement pro Zug ausgetragen wurden, standen an den verbleibenden beiden Tagen jeweils neun Begegnungen im Blitz mit fünf Minuten sowie einem Inkrement von zwei Sekunden pro Zug auf der Agenda. Im »Rapid« erhalten die Spieler zwei Punkte für einen Sieg und einen Zähler für ein Remis, wohingegen beim Blitzen ein Gewinn einen Punkt einbringt und ein Unentschieden mit einem halben Zähler honoriert wird.

Diesmal stand Caruana bereits fünf Runden vor Ultimo als Sieger fest. Am Ende totalisierte er 27 Punkte. Die Ränge zwei bis vier teilten sich Firouzja, Maxime Vachier-Lagrave (beide Frankreich) und Wesley So (USA) mit je 23 Zählern. Ein schachliches Kunstwerk gelang Vachier-La­grave, dessen rechnerische Fähigkeiten noch faszinierender sind, wenn man bedenkt, dass er sie in einer Blitzpartie demonstrierte.

Maxime Vachier-Lagrave – Lewon Aronjan, Grand Chess Tour, Super United Croatia, Blitz, Zagreb, 24. Runde, 14. Juli 2024, Französisch

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Lb4 4.exd5 (Die verzögerte Abtauschvariante ist bei den Französisch-Anhängern wenig beliebt, da sie Schwarz kaum aktive Möglichkeiten bietet.) 4exd5 5.Ld3 c6 6.Sge2 Se7 7.Sg3 Sd7 8.0-0 0-0 9.Sce2 (Dieser Springer wird am Königsflügel für Furore sorgen.) 9Te8?! (Besser war 9…Ld6, denn der Läufer hat auf b4 keine Aufgabe mehr.) 10.Sf4 N (Eine Neuerung, positionstypisch wäre der Abtausch der schwarzfeldrigen Läufer nach 10.c3 Ld6 11.Dc2 Sf8 12.Lf4 gewesen.) 10g6?! (Schwarz möchte die »Springerfelder« f5 und h5 kontrollieren und den weißen Druck auf der langen Diagonalen etwas mindern.) 11.Df3 (Das Figurenopfer 11.Sfh5! hätte dennoch funktioniert, weil 11…gxh5 12.Lg5! f6 13.Dxh5 Sg6 14.Lxg6 hxg6 15.Dxg6+ Kh8 16.Sh5! Lf8 17.Sxf6 Sxf6 18.Lxf6+ Dxf6 19.Dxf6+ +- forciert zu einer weißen Gewinnstellung führt.) 11Sf8 12.c3 Ld6 13.Ld2 Le6 14.Tae1 Sc8 15.Sgh5! (Nun reitet der andere Rappe auf h5 ein. Mit diesem Springeropfer leitet Vachier-Lagrave eine atemberaubende Attacke ein.) 15gxh5 (Aronjan nimmt die Herausforderung an, denn der Königsangriff nach 15…Sb6 16.Sxe6 Txe6 17.Txe6 Sxe6 18.Sf6+ Kg7 19.h4! wäre gegen das weiße Läuferpaar auch kein Zuckerschlecken gewesen, weil 19…Dxf6 an 20.Lh6+! mit Damenverlust scheitert.) 16.Sxh5 +- (Weiß steht bereits auf Gewinn, aber die schönsten Züge kommen noch …) 16Sg6 17.Sf6+ Kg7 18.Lg5! Le7 19.Txe6!! (Dieses effektvolle Qualitätsopfer ist die beste Fortsetzung.) 19fxe6 20.Lh6+!! (Ein prächtiges Läuferopfer folgt auf dem Fuße.) 20Kh8 (Schwarz darf das Danaergeschenk nicht annehmen: 20…Kxh6 21.Dh5+ Kg7 22.Dxh7+! Kxf6 [22…Kf8 23.Df7#] 23.Dxg6# wäre forciert matt.) 21.Sxh7! (Die Opferserie geht weiter …) 21Tg8 (Die Annahme des Opfers wird wiederum mit Matt bestraft: 21…Kxh7 22.Df7+! Kxh6 [oder 22…Kh8 23.Dg7#] 23.Dxg6#.) 22.Dh5! De8 (Schwarz darf den Springer wegen eines sofortigen Matts erneut nicht nehmen: 22…Kxh7 23.Lf8#). 23.Sf6 (23.Sf8! Txf8 24.Lxf8+ Kg8 25.Lxg6 Dxf8 26.Dh7#) 23Sf4 24.Lg7+! (Doppelschach und Hinlenkung! Der Franzose brennt ein taktisches Feuerwerk ab.) 24Kxg7 25.Sxe8+ (Die Schlusspointe: Weiß kann nun die schwarze Dame mit Schach schlagen, während seine eigene bedroht ist.) 25Kf8 26.Dh6+ Kxe8 27.Dxf4 +- Sd6 28.De5 Kd7 29.Te1 Tae8 30.Dxe6+ Kd8 31.Lf5 Sxf5 32.Dxf5 1:0.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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